Wohlstand für alle, fordert Digital Native Philipp Riederle

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In seinem Gastbeitrag wendet sich der Digital Native Philipp Riederle an die Generation seiner Eltern und Großeltern und fordert sie auf, gemeinsam mit der Jugend die Herausforderungen der Zukunft anzugehen.
Man kann unserer Generation ja vieles vorwerfen. Politikverdrossenheit und mangelndes Engagement gehören glücklicherweise nicht (mehr) dazu. Die landesweiten Demonstrationen zum Umweltschutz oder gegen die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie „Artikel 13“ sind nur zwei Beispiele dafür. Unsere Generation ist eine Generation, die sich einmischt. Wir kämpfen für eine bessere Welt – auf unsere Weise. Als Digital Natives aufgewachsen, organisieren wir uns über Facebook und Twitter, rufen über das Internet zu größeren Demonstrationen, Petitionen und Spendenaktionen auf, als dies bisher überhaupt möglich war. Wir spielen nach neuen Regeln, weil wir in einer Welt leben, die sich rasant ändert.
„Wir müssen neue Spielregeln finden.“
Davor kann man Angst haben. Oder man kann die Chancen sehen, die diese neue Zeit uns allen bietet. Denn die Wahrheit ist: Es ist eine großartige Zeit. Wir sind mit mehr Freiheit und Wohlstand aufgewachsen als irgendeine Generation vor uns. Wir haben jederzeit und überall Zugriff auf das Wissen dieser Welt, können aus 19.000 Studiengängen wählen und uns aussuchen, bei wem wir arbeiten und was wir konsumieren. Das alles haben wir unserer Vorgänger-Generation zu verdanken. Die Babyboomer, die Generation Burn-out und alle, die bis zur Selbstaufgabe gearbeitet haben, um diese Welt zu erschaffen. Danke! Wir wissen eure Leistungen wirklich zu schätzen. Aber ab jetzt spielen wir auch mit.
Denn so großartig diese neue Welt auch sein mag: Es gibt ein paar Dinge, die wir gerne ändern würden. Zwischen dem digitalen, dem demografischen und dem Klimawandel haben wir gelernt, dass unsere Erbschaft vor allem eines ist: kurzlebig. Wir müssen neue Spielregeln finden. Unsere Gesetze und unsere Infrastruktur stammen aus einem Jahrhundert, in dem man auf Wirtschaftswachstum und finanzielle Wertschöpfung gesetzt hat. In Anbetracht der Ausbeutung von Ressourcen und der Einsicht, dass Wachstum nicht unendlich ist, glauben wir, dass das nicht ewig gut gehen kann.
Habt keine Angst: Wir wollen keine Verbotskultur einführen. Dafür genießt unsere Generation die Vorteile einer globalisierten Welt zu sehr. Auch wir sind manchmal inkonsequent. Einerseits demonstrieren wir für das Klima und verzichten aufs eigene Auto, andererseits trinken wir teuren importierten Kaffee aus Plastikbechern. Wir reisen gerne um die Welt; doch wenn wir dafür das Flugzeug nutzen, können wir immerhin einen CO2-Ausgleich dazu buchen.
Wir wissen, dass es harte Richtlinien für den Umweltschutz braucht, und zwar sofort. Gerade erst erinnerte Prince Charles, Babyboomer und Umweltschützer der ersten Stunde (quasi eure Greta Thunberg), daran, dass alle Beschlüsse zur Klimarettung innerhalb der nächsten 18 Monate getroffen werden müssen. Klimaexperten haben Grenzwerte und die nötigen Schritte längst definiert, aber eure Trägheit (oder Angst?) verhindert noch viel zu oft die dringend notwendigen Entscheidungen.
„Digitalisierung und rasanter technischer Fortschritt ermöglichen völlig neue Lösungen.“
Wir stehen auf euren Schultern. Von hier aus können wir schon mehr Zukunft sehen – und das treibt uns um. Wie können wir euch helfen, die Herausforderungen mutig anzugehen? Digitalisierung und rasanter technischer Fortschritt ermöglichen völlig neue Lösungen – wenn wir sie entschieden vorantreiben. Und darin sind wir, die digitale Generation, Profis. So macht das „Profi“-Zitat von Christian Lindner, MdB, auf einmal Sinn.

Philipp Riederle: Wie wir arbeiten und was wir fordern.
Droemer, 336 Seiten, 16,99 Euro
© Droemer
Worauf warten wir noch? Wenn die Welt ein guter Ort sein soll, dann müssen wir gemeinsam dafür sorgen, mit Idealismus und Know-how. Hand in Hand. Lasst uns gemeinsam anpacken, damit euer Erbe zukunftsfähig wird!