Zum Imbiss bei … Kumpel & Keule

Metzger Henri Liefke mag deftige Stullen. Von Leberwurst bis Salami – alles hausgemacht. Aber auch Gemüse gehört zum Vesper.
© Viktor Strasse
Wenn Foodie Hendrik Haase sich für ein einziges Gericht entscheiden müsste, würde die Wahl aufs klassische deutsche Abendbrot fallen: „Brot, Butter, Käse, Wurst und frisches Gemüse – das ist doch perfekt“, sagt der Mitgründer der Metzgerei Kumpel & Keule. Weil es solche Zutaten in verführerischer Qualität direkt an seinem Arbeitsplatz – der Markthalle IX, dem Food-Treff in Berlin-Kreuzberg – gibt, tischt Hendrik heute auch zum Mittag eine kalte Platte auf. Kollege und Metzgergeselle Henri Liefke schneidet dafür das Brot, während Stammkunde Enrico Rima einen XL-Kohlrabi in handliche Stücke zerkleinert.

V. l. n. r.: Henri Liefke, Hendrik Haase, Enrico Rima
© Viktor Strasse
Unser dritter Stopp:
Gläserne Metzgerei Kumpel & Keule in Berlin
Steckbrief:
Bodenständig und neugierig
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Es sind unterschiedliche Wege, die die drei jungen Männer zur Metzgerei Kumpel & Keule geführt haben. Für Hendrik Haase ist gutes Essen und wie man es herstellt zu einem Lebensthema geworden. Begonnen hatte es auf einer Slowfood Convention Anfang dieses Jahrtausends. Hendrik wollte eigentlich nur die Leberwurst seiner hessischen Oma vor dem Aussterben retten – und entdeckte dann auf dem Treffen Hunderte andere traditionelle Lebensmittel und Menschen, die sich leidenschaftlich für sie einsetzen. Hendrik hat „Schnippeldiscos“ veranstaltet, Events, bei denen junge Leute krumm gewachsenes Gemüse zubereiteten. Er bloggt, schreibt Bücher – und er hat im Sommer 2015 mit einem Metzgermeister die gläserne Metzgerei Kumpel & Keule eröffnet. Dort fing Henri als Metzgergeselle an. Nach dem Abitur machte er ein Praktikum in einem Supermarkt und bekam gleich eine Lehrstelle an der Fleischtheke angeboten. „Irgendwann hat es mich genervt, dass ich eigentlich nur thekenfertiges Fleisch auspacke. Mit Handwerk hatte das nichts zu tun“, sagt er. Bei Kumpel & Keule zerlegt er ganze Tierhälften und verarbeitet jedes Teil daraus – vom Kopf bis zum Schwanz. Das inspiriert Kunden wie Enrico. „Ich hatte vorher nicht gewusst, wie vielseitig man eine Zunge zubereiten kann.“
„Fleisch ist das komplexeste Lebensmittel.“
Hendrik Haase
Von Henri lässt sich Enrico jetzt die verschiedenen Wurstsorten für den Mittagstisch erklären. Hendrik beißt erst einmal in eine lila Möhre. Genauso wie er sich für ein Kotelett vom Schwäbisch-Hällischen-Landschwein begeistert, schwärmt er für die alte Möhrensorte Rodelika oder für eine Linsensuppe. Alle drei Männer sind Flexitarier: Sie essen oft vegetarisch, aber Fleisch bleibt für sie etwas unverzichtbar Besonderes. „Fleisch ist einfach das komplexeste Lebensmittel“, antwortet Hendrik auf die Frage, warum es für ihn als Food-Aktivist ausgerechnet eine Metzgerei sein musste. „Von der Haltung der Tiere über die Schlachtung bis zu den Gewürzen für die Wurst – nur wenn jeder Schritt stimmt, ist das Fleisch gut.“
„Respekt“ und „Würde“
Dabei kommt es nicht nur auf Wissen und Technik, sondern auch auf die innere Haltung an. „Respekt“ und „Würde“ sind die Begriffe, die immer fallen, wenn die Kumpel über Tiere, Schlachten und Metzgern sprechen. „Seine“ Landwirte und Schlachter hat sich das Team selbst ausgesucht. Die Tiere, bevorzugt alte, robuste Rassen, haben viel Platz und Zeit zum Wachsen – viele Bio-Standards werden „übererfüllt“. Alle Mitarbeiter haben schon die Schafe auf den Weidehängen und die Puten im Unterholz besucht. Auch Enrico beschreitet als Verbraucher den direkten Weg: Mit einem Freund hat er sich ein Schwein „gemietet“, das ein Landwirt für sie in Brandenburg aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet hat. Nur die Gewürze kamen von Enrico. Er wollte vermeiden, dass der Schlachter die in der Branche gängigen Fertigmischungen verwendet. „Zuerst hat er wohl gedacht ‚diese Berliner Hipster‘“, sagt Enrico. „Aber dann war er vom Geschmack ziemlich begeistert.“
Für die beiden Foodies Enrico und Hendrik zählt jedes Detail. Und sie sind bereit, dafür zu zahlen. Enrico schätzt, dass er rund ein Drittel seines Einkommens für Essen ausgibt. Und Hendrik kauft fast nur in Manufakturen. „Wir sind privilegiert“, gibt Enrico zu. „Viele Menschen können es sich gar nicht leisten, so bewusst einzukaufen. Aber wie viele Leute haben genug Geld und kaufen trotzdem vor allem beim Discounter ein?“ Nachdenkliche Stille am Tisch. Doch auch das wissen die drei: Viel wirksamer als moralische sind kulinarische Argumente. Als am Ende des Gesprächs die Aufschnittplatte noch halb voll ist, bringt Hendrik sie kurzerhand zum Nachbartisch. „Mögt ihr?“ Die Gäste dort hatten von ihren Pastatellern immer wieder interessiert herübergeschaut. Wurst als Dessert, auch das ist in der Markthalle IX möglich.

Unsere Lieblingswürste:
- Leberwurst
- Blutwurst
- trocken gereifte Salami
Unser Gast-Geschenk:
Der deutsche Vielblütenhonig kommt in gute Gesellschaft:
Bei Hendrik Haase stehen zu Hause schon ein halbes Dutzend Sorten. „Honigbrot ist ein tolles Frühstück“, findet er. „Und wenn ich Gemüse karamellisiere, greife ich auch immer zum Honig.“
WEB-TIPP
Die gläserne Metzgerei Kumpel & Keule
kumpelundkeule.berlin