Zwischen Männerfreundschaft und Bromance

Bro...was? Ja, Du hast richtig gehört: Bromance. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern Brother und Romance zusammen. Bromance steht also für beste Kumpel und die echte wahre Männerfreundschaft, für eine innige Männerbeziehung. Außerdem klingt Bromance natürlich erheblich cooler als die deutsche Übersetzung: Bruderliebe. Liebe klingt natürlich heftig. Trotzdem ist die wahre Freundschaft unter Männern mehr als nur gemeinsam Bier zu trinken und Fußball zu schauen. Sie geht in die Tiefe, um die Welt und hält manchmal ein Leben lang. Dennoch ist sie ganz anders als die zwischen Frauen.
Unsere Kollegen von der alverde wollten von Freundschafts-Forscher Prof. Stiehler wissen, um was es bei Männerfreundschaften geht und was gerade sie auszeichnet.

Interview mit Prof. Dr. Steve Stiehler

Freundschafts-Forscher und Dozent für soziale Arbeit an der FHS St. Gallen (Schweiz):

Winnetou und Old Shatterhand sind das Paradebeispiel der echten Männerfreundschaft. Gibt es die im realen Leben wirklich?

Steve Stiehler: Durchaus. Denn laut der Jacobs-Studie aus dem Jahr 2014 haben 73 Prozent aller deutschen Männer einen besten Freund, den sie meist im Jugendalter kennenlernen. Da die Stabilität von Partnerschaft und Familie zusehends schwindet, stillen Männer ihre Sehnsucht nach Beständigkeit umso mehr in Freundschaften. Sie werden oftmals sogar zum Familienersatz. Im späteren Lebensalter kann sich das dann aber wieder ändern.

Was meinen Sie damit?

Während junge Männer an vielen Freundschaften interessiert sind, neigen Männer in der Lebensmitte dazu, ihre Freunde aus den Augen zu verlieren. Neben Job, Ehe, Kindern bleibt kaum Zeit für einen selbst. Das Zuhause und die Beziehung werden zur Komfortzone, in vielen Ehen ist es die Frau, die Kontakte pflegt. Wenn die Kinder dann ausgeflogen sind, gehen Ehen nicht selten kaputt – und plötzlich steht der Mann alleine da. Ein Phänomen, das stark zugenommen hat.

Nutzen Männer soziale Medien zur Kontaktpflege?

Sie kommen Männern definitiv zugute. Denn dank FaceTime, Skype und Co. ist es viel einfacher, Kontakt zu Freunden zu halten – selbst über größere Entfernungen bis ans andere Ende der Welt. Grundsätzlich haben Männer jedoch ein weniger großes Bedürfnis, permanent Kontakt mit dem besten Freund zu haben. Selbst wenn sie ihren Freund selten sehen oder hören, tut das ihrer Freundschaft keinen Abbruch.

Unterscheidet das Männer- von Frauenfreundschaften?

Ja. Frauen stehen viel enger im Kontakt. Sie treffen sich auch, um Probleme zu besprechen. Männer tun dies eher seltener. Bei ihnen steht meist ein Hobby im Vordergrund. Man trifft sich zum Joggen oder Fußballschauen. Da kommt es vor, dass ein Mann seinen besten Freund auf ein Problem anspricht: „Du spielst heute nicht so gut wie sonst – belastet dich was?“

Können sich Männer untereinander besser öffnen?

Die meisten Männer besprechen Themen, die ihnen auf der Seele brennen, lieber mit ihrem Kumpel als mit der Freundin oder Frau. Das ergab eine Arbeit von Forschern der britischen University of Winchester. Befragte gaben an, dass eine innige Männerfreundschaft dabei helfe, sich emotional zu öffnen und eine Lösung für Probleme zu finden. Auch Studien aus dem deutschsprachigen Raum zeigen, dass Männer in Beziehungen mit Frauen eher den Druck verspüren, einem gewissen Standard entsprechen zu müssen.

Vor dem guten Freund können Männer Gefühle, wie Angst, also besser zeigen?

Nicht ganz, Männer haben es meist nicht gelernt, über Gefühle zu sprechen. Bei ihnen läuft das subtiler ab. Statt zu sagen: „Ich habe ein Problem“, wird der indirekte Weg gewählt. Zum Beispiel, indem man über den Job oder den Chef schimpft. Ein guter Freund erkennt dann durchaus, dass etwas nicht stimmt.

Frauen sind oft wenig begeistert, wenn der Partner viel Zeit mit dem Freund verbringt ...

Freundschaften stellen für Männer einen Rückzugsort dar. Wenn Mann seinen besten Freund trifft oder mit seiner Clique Fußball spielt, tankt er neue Energie und ist ausgeglichener. Ein zufriedener Partner bringt der Frau viel mehr als einer, der unglücklich oder gereizt ist.