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Allein unter vielen

Eine Frau mit Sonnenbrille und roter Jacke, daneben ein lila Textfeld mit der Aufschrift „Hilfe bei Einsamkeit“

Es gibt aber viele Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu kommen. ¹⁾

Inspirationstalk mit Psychotherapeut und Coach Manuel Podlecki

Einsamkeit trifft uns oft in Umbruchphasen wie Umzug und Jobwechsel. Viele Menschen fühlen sich aber auch umgeben von anderen einsam. Wir zeigen Auswege aus der Einsamkeit auf.

Was ist Einsamkeit eigentlich genau?

Sie ist nicht gleichbedeutend mit dem Alleinsein, das wir brauchen, um uns zu sammeln und eigenen Bedürfnissen nachzugehen. Wir können auch allein leben und sehr zufrieden sein. Einsamkeit dagegen ist ein negatives, schmerzhaftes Gefühl. Es stellt sich ein, wenn wir nicht die Beziehungen zu anderen haben, die wir benötigen, und wenn unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden. 

„Menschen, die dauerhaft einsam sind, spüren ganz viel Angst und Stress und haben ein Gefühl des Abgetrenntseins, sie verlieren sich in negativen Gedankenstrudeln“, erklärt der Kölner Psychotherapeut Manuel Podlecki. Einsame hadern mit ihrem Selbstwert, denken: Ich bin den anderen egal, mit mir stimmt etwas nicht, ich bin nicht attraktiv, niemand versteht mich – und kapseln sich zunehmend ab. Ein Teufelskreis beginnt. 

Es kommt auf die innere Einstellung an

Ob wir uns einsam fühlen oder nicht, hängt auch von der inneren Einstellung ab. Gehe ich davon aus, dass nur andere mich glücklich machen können? Verlange ich zu viel von meinen Freunden? Pflege ich meine Freund- und Bekanntschaften selbst genug? Gehe ich an einem neuen Ort auf andere zu? Oder bleibe ich aus Angst vor Zurückweisung im Schneckenhaus? 

„Wir erleben die Welt nicht, wie sie ist, sondern so, wie wir uns gerade fühlen. Wenn ich jetzt aus der Tür gehe, mich dankbar und verbunden fühle und in der Freude bin, sehe und bewerte ich die Dinge ganz anders, als wenn ich gestresst und im Überlebensmodus bin“, sagt Manuel Podlecki. 

Verbundenheit mit sich selbst finden

In seiner Arbeit mit einsamen Menschen versucht der Psychotherapeut, bei ihnen ein Gefühl der Verbundenheit zu wecken – und zwar erst einmal mit sich selbst. Denn hier liegt eine wesentliche Ursache von Einsamkeit: Wer keinen Zugang zu den eigenen Gefühlen hat, dem fällt es oft schwer, sich anderen wirklich zu zeigen. 

Auch Menschen in Partnerschaften können sich tief einsam fühlen, wenn sie nur nebeneinanderher leben, ohne einander wirklich zu begegnen, und nicht darüber sprechen, was sie fühlen. Zur inneren Isolation kommt die äußere, und beide verstärken sich gegenseitig. 

Manuel Podlecki sieht dafür einen Grund in der intensiven Nutzung von Social Media. Auch der WHO-Bericht zur Einsamkeit argumentiert so: „Menschen kommunizieren seit Jahrtausenden nicht nur über Worte, sondern auch durch Gesichtsausdrücke, Körpersprache, Stimme und Schweigen. Dies geht verloren, wenn sie ständig über Handys und soziale Medien kommunizieren.“ 

Aus dem Überlebensmodus herauskommen

Das rastlose Abgelenktsein, Kommentieren, sich Vergleichen und Konsumieren kann uns von uns selbst entfremden – und das macht uns anfällig für Einsamkeit. Wir verlernen soziale Kompetenzen und auch einfach mal nichts zu tun. 

Dabei kann helfen, sich Rituale zu schaffen. Zum Beispiel sich jeden Tag einen Moment Zeit zu nehmen, um in Kontakt mit sich selbst zu gehen, seine Gedanken bewusst wahrzunehmen und sich zu überlegen: Was fühle ich gerade, was möchte ich? Was erfüllt mich mit Sinn? 

Sich bewusst im Alltag Zeit zu nehmen auch für die scheinbar kleinen Dinge. Etwa ein besonderes Essen kochen, ein schönes Bad nehmen, in den eigenen vier Wänden zur Lieblingsmusik tanzen, seinen Körper durch Sport oder eine Massage wieder spüren, eine kleine Meditation machen ... All das kann Balsam für die Seele sein und wieder die Verbindung zu sich selbst herstellen.

„Wenn man mit sich in Verbindung ist, fällt es wieder leichter, Kontakt zu anderen zu finden“, sagt der Psychotherapeut

Sich einer Person anvertrauen

Dem Psychologen ist es wichtig, junge Menschen dort zu erreichen, wo sie sich häufig aufhalten: auf der Social-Media-Plattform TikTok. „Die Social-Media-Nutzung kann Teil des Problems Einsamkeit sein, aber genauso Auswege aufzeigen, das ist eine Gratwanderung auch für mich“, bekennt er und rät: „Nach einer längeren Phase des Rückzugs kann es bereits ein sehr wichtiger und erster heilsamer Schritt sein, sich einer Person zu öffnen, zu der man eine Verbindung spürt, um über seine Gefühle zu sprechen.“ Das können zum Beispiel in der Schule eine Sozialarbeiterin oder ein Lehrer sein. Eine Gruppentherapie kann ebenfalls hilfreich sein, um im sicheren Rahmen in Kontakt mit sich und anderen zu kommen. 

Eine Dosis Natur gegen Einsamkeit

Auch die Verbundenheit mit der Natur kann das Gefühl der Einsamkeit stillen. „Ich war mal eine Woche in Thailand an einem Ort, an dem man in einer Gemeinschaft ein ganz einfaches Leben führt, den ganzen Tag schweigt und sich nur auf seinen Atem konzentriert. Obwohl wir nicht gesprochen und uns nicht angeschaut haben, habe ich mich noch nie so verbunden mit mir selbst, der Gemeinschaft und der Natur dort gefühlt“, erzählt Manuel Podlecki. 

„Wer in einer akuten psychischen Krise und von Einsamkeit betroffen ist, könnte von einem Schweigeretreat jedoch überfordert sein.“ Er ergänzt: „Grundsätzlich ist es wichtig, zu üben, mit sich in Verbindung zu gehen. Das bedeutet oft mehr Ruhe, Stille und weniger Reize von außen.“ Das kann auch bei Aktivitäten in der heimischen Natur gelingen. 

„Es ist ein wichtiger Schritt, sich seine Ziele, Träume und Wünsche bewusst zu machen und letztlich zu lernen, im positiven Sinn allein zu sein“, sagt Manuel Podlecki.

Gleichgesinnte suchen

Das Phänomen der Einsamkeit ist vielschichtig, zieht sich durch alle Bevölkerungsgruppen und ist doch in hohem Maß individuell. Ein Ausweg: sich mit anderen zusammentun, beispielsweise mit anderen jungen Müttern, die sich nach der Geburt ebenfalls einsam fühlen, oder mit anderen Jugendlichen, die auch in der Coronazeit den Anschluss verloren haben. 

In manchen Schulen sind deshalb Treffs entstanden, die junge Menschen wieder miteinander in Kontakt bringen. Doch es kostet Überwindung und ist auch mit Scham verbunden, sich als einsam zu outen. Hobbys können eine Brücke zu anderen sein. In Volkshochschulkursen beispielsweise ergibt sich oftmals ein freundschaftlicher Kontakt zu Menschen, die Freude am Malen, Singen oder Schachspielen teilen. 

Der Schritt aus dem Schneckenhaus

Gegen Einsamkeit hilft es, gebraucht zu werden. Vielleicht benötigen Nachbarn Unterstützung, zum Beispiel beim Einkauf? In diesem Fall ist möglicherweise beiden Seiten geholfen, denn viele alte Menschen fühlen sich ebenfalls einsam. Ihnen einmal in der Woche Aufmerksamkeit zu schenken, bestärkt auch sie. 

Besonders für Menschen, die nicht mobil sind oder erst mal anonym Kontakt haben möchten, gibt es seit Juni 2025 das „Plaudernetz“ der Malteser gegen Einsamkeit. Über das deutschlandweite Angebot können Menschen mit einer zufällig angerufenen Person ins Gespräch kommen. Das Angebot ist von 10 bis 22 Uhr anonym und kostenlos unter der Nummer 0800 330 1111 erreichbar. 

Hunde können hilfreich sein

Auch Haustiere, vor allem Hunde, können als Medizin wirken: Sie lösen bei uns aus, dass wir sie bedingungslos annehmen – und sie uns. „Einsame bekommen dadurch das Gefühl: ‚Ich bin okay, so wie ich bin.‘“, sagt Manuel Podlecki. „Hunde sind aktivierend, da man mit ihnen rausmuss. Das verleiht Kraft, Energie und Sinnhaftigkeit“ – und kann vor den gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit schützen. 

Laut dem jüngsten Bericht der WHO macht Einsamkeit auf Dauer krank und erhöht die Risiken für Herzinfarkte, Hirnschläge, Diabetes und Depressionen. Wir sprechen hier von chronisch einsamen Menschen, die sich seit mindestens sechs Monaten abgetrennt von anderen fühlen und deshalb großen Leidensdruck verspüren. 

Wer kein eigenes Tier anschaffen möchte, kann vielerorts Hunde aus dem Tierheim ausführen. Beim Gassigehen kommt niemand um ein Schwätzchen mit Hundebesitzern herum. Vierbeiner öffnen Herzen. Durch Berühren und Streicheln schütten wir das Bindungshormon Oxytocin aus. 

Manuel Podlecki Psychotherapeut und Coach auf TikTok

Manuel Podlecki trägt ein hellblaues Polohemd und steht vor einem Fluss mit einer Brücke im Hintergrund

Der Psychologe rät: erst einmal in sich hineinfühlen, Verbindung zu sich aufnehmen. Dann fällt es leichter, auf andere zuzugehen. © Fabian Podzuweit

Manuel Podlecki ist es wichtig, Menschen ganzheitlich zu helfen. Er möchte ihre Aufmerksamkeit dort gewinnen, wo sie präsent sind – wie junge Menschen auf dem Social-Media-Kanal TikTok. Der Kölner möchte ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wieder Vertrauen in sich und andere zu finden, um sich verbunden und als ein Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Der Psychologe studierte außerdem Sport- und Eventmanagement: In sein Therapieangebot integriert er auch körperorientierte Verfahren. 

Mehr über Manuel Podlecki unter: TikTok - Make Your Day

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