Innere Schätze und neue Wege

Wer seinen eigenen Weg geht, muss mitunter Gegenwind aushalten. ¹⁾
Inspirationstalk mit Psychologin und Autorin Dr. Katharina Tempel
In allen von uns schlummern Stärken, die uns manchmal gar nicht bewusst sind. Erkennen und leben wir sie, macht uns das glücklich. Wie wir Komfortzonen verlassen und Glaubenssätze über Bord werfen, die uns daran hindern, uns zu entfalten.
Wir alle möchten gern im Einklang mit unseren Stärken leben. „Aber vielen ist gar nicht bewusst, welche Stärken sie haben“, weiß die Diplom-Psychologin Dr. Katharina Tempel. Das liegt vielleicht auch daran, dass Stärken oft mit Charaktereigenschaften verwoben sind. Und viele halten das, was sie gut können, schlicht für selbstverständlich.
Stärken sind keine statische Ausstattung
Woran erkennen wir unsere Stärken also? Sie blitzen dann auf, wenn uns etwas Freude bereitet, Energie gibt und wir gut darin sind. Stärken sind aber keine statische Ausstattung mit Fähigkeiten, die wir besitzen – es können neue hinzukommen. „Die Formbarkeit (Neuroplastizität) unseres Gehirns macht das möglich. Es verändert sich lebenslang durch Lernen, indem wir Neues kennenlernen oder durch die Umwelt angeregt werden, Neues auszuprobieren.“ Manchmal begeben wir uns etwa bei der Arbeit auf ein neues Terrain und merken in der Auseinandersetzung damit, dass uns das liegt und Spaß macht.
Es kommt auf die Haltung an
Das spannende Feld unserer verborgenen Talente, Fähigkeiten und ungenutzten Ressourcen wird als unser Potenzial bezeichnet – ein Schatz, den wir umso leichter heben können, wenn wir eine wichtige Voraussetzung mitbringen: ein „Wachstums-Mindset“, wie es in der Psychologie heißt. „Es bezeichnet die Einstellung, dass meine Fähigkeiten über die Zeit wachsen und dass ich mich als Mensch immer weiterentwickeln kann, ein Leben lang“, erklärt Katharina Tempel.
Demgegenüber gibt es auch Menschen mit einem „Fixed Mindset“. Sie sehen ihre Fähigkeiten als unveränderlich an. Wenn sie zum Beispiel glauben, „Ich kann nicht mit Finanzen“, dann ist das für sie ein immer gültiges Gesetz. Menschen mit Wachstums-Mindset sagen hingegen: „Ich kenne mich null mit dem Thema Finanzen aus, aber wenn ich mich damit beschäftige oder an einem Workshop teilnehme, kann ich das ändern.“ In einem oder in zehn Jahren könnte diese Person jemand sein, die sich mit Finanzen auskennt.
„Viele Studien deuten darauf hin, dass es günstiger ist, mit einem Wachstums-Mindset durchs Leben zu gehen“, ergänzt Katharina Tempel. Eine wichtige Voraussetzung, um sich tatsächlich weiterentwickeln zu können, ist, seine Komfortzone zu verlassen. Ebenfalls wichtig: neugierig sein und nicht zu perfektionistisch, um sich Fehler zu erlauben – nicht umsonst gibt es das Sprichwort „Aus Fehlern lernt man“.
Die Kunst, sich selbst zu entfalten
Eine entscheidende Rolle bei der Entfaltung unserer Potenziale spielen auch die Menschen, die uns umgeben: ein unterstützendes Umfeld, das uns konstruktives Feedback gibt, fördert und uns darin bestärkt, Neues auszuprobieren. „Angst hält die Menschen hingegen klein. Egal, in welchem Kontext. Denn Angst macht Menschen folgsam.“
Katharina Tempel gibt aber auch zu bedenken, dass nicht jede Lebensphase Raum für Selbstverwirklichung lässt. Wirtschaftliche Zwänge erfordern manchmal Kompromisse. „Es müssen zunächst unsere grundlegenden Bedürfnisse befriedigt sein – die Selbstentfaltung ist gewissermaßen Luxus.“ Manche Menschen setzen sich selbst etwa im Vergleich mit anderen auf Social Media unter Optimierungsdruck. „Realistisch betrachtet, ist vieles, was wir dort sehen, idealisiert und geschönt, der Vergleich hinkt. Da hilft es, sich zu fragen, wem folge ich, wie fühle ich mich dadurch? – und sich lieber unterstützendem Content zuzuwenden“, rät Katharina Tempel. „Unsere Stärken und Potenziale zu entfalten, soll Spaß machen, uns Energie geben und nicht in Stress und Druck münden.“
In ihrem neuen Buch unterstützt die Psychologin ihre Leser darin, Glaubenssätze abzulegen. „Wir alle tragen gefestigte Überzeugungen mit uns herum. Das kann uns total ausbremsen.“ Warum gibt es solche Denkgewohnheiten überhaupt? „Unser Verstand versucht uns zu schützen. Er meint es sozusagen gut mit uns“, sagt Katharina Tempel. Bestimmte Denkweisen waren zu irgendeinem Zeitpunkt nützlich. Aber sie sind keine Gesetze fürs Leben. Wenn wir sie einmal entlarvt haben, können wir uns von belastenden Glaubenssätzen befreien.
Dr. Katharina Tempel, Diplom-Psychologin, Autorin und Coachin
© Konrad Tempel
Mit 25 Jahren kündigte die Berlinerin kurz vor einer Beförderung ihren sicheren Job und gab ihre stabilen Lebensstrukturen auf. Katharina Tempel startete einen Blog und begann über Glück zu forschen. „Viele in meinem Umfeld dachten: ‚Was macht sie da? Sie wirft ihr Leben weg!‘“ Ihr Partner und heutiger Ehemann bestärkte sie auf ihrem Weg. „Das hat mir unglaublich geholfen, mich zu trauen. Natürlich hat man in solchen Situationen ganz viele Zweifel im Kopf. Man weiß nicht, ob man womöglich scheitert.“ Heute folgen Dr. Katharina Tempel auf YouTube rund 300.000 Menschen. Sie ist erfolgreiche Coachin, und ihre Bücher sind Bestseller.
In ihrem neuesten Buch „Genug gegrübelt, lieber Kopf!“ zeigt Dr. Katharina Tempel, wie wir uns aus dem Griff belastender Denkmuster befreien können, um unsere Stärken und Potenziale zu entfalten.
5 Tipps, um herauszufinden, was in einem steckt:
Sich selbst reflektieren
Was begeistert mich? In welchen Situationen blühe ich auf?Sich Feedback von außen holen
Freunde, Familie oder Kollegen fragen, was sie als Stärken an einem wahrnehmen oder bewundern.Öfter etwas Neues ausprobieren
Regelmäßig die Komfortzone verlassen – kleine Herausforderungen bringen oft große Erkenntnisse.Ein Wachstums-Mindset entwickeln
Statt „Ich kann das nicht“ sagen: „Ich kann das noch nicht.“Sich mit positiven Menschen umgeben
Es bringt uns voran, wenn andere an uns glauben, uns unterstützen und inspirieren.
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