Unterhaltung mit 
Haltung 

Im Interview mit 
Riccardo Simonetti

Riccardo Simonetti wollte schon immer auf die große Bühne. Was ihn dorthin getragen hat, ist nicht nur Talent – sondern der feste Wille, sich selbst treu zu bleiben. 

Die Begrüßung ist sehr herzlich, als wir uns in Berlin treffen. Wir kennen uns bereits vom alverde-Inspirationstag im März. Gleich zu Beginn sagt Riccardo: „Heute ist nicht mein bester Tag. Ich hatte die letzten Tage ein wenig gesundheitlich zu kämpfen, hoffe aber, dass ich heute alles geben kann.“ Diese Offenheit wissen wir im Team zu schätzen. „Wenn Du immer nur Stärke zeigst, denken alle, Du bist unantastbar“, erklärt er. Nachdem wir den Ablauf fürs Shooting besprochen haben, starten wir mit dem Interview – und erleben gemeinsam einen intensiven, offenen und inspirierenden Vormittag.

alverde: Du bist Moderator, Bestseller-Autor, häufiger Gast in TV-Shows und Schauspieler – wie bezeichnest Du Dich selbst? 

Riccardo Simonetti: Als Entertainer. Egal, ob ich in einer Fernsehshow auftrete, auf der Bühne stehe, hinter dem Mikrofon bin oder eben meinen Tag auf Social Media dokumentiere – ich möchte Menschen unterhalten, inspirieren und ihnen etwas mitgeben. Für mich war es früher sehr wichtig, mich an Vorbildern orientieren zu können. Deshalb versuche ich, heute für andere Vorbild zu sein. 

alverde: Was hat Dich als Kind so sehr zur Bühne hingezogen? 

Riccardo Simonetti: Wenn ich in meinem Heimatort Bad Reichenhall extravagante Klamotten getragen habe, fanden das viele Leute in meinem Umfeld nicht unbedingt toll und haben sich darüber aufgeregt. Aber wenn ich auf der Bühne stand mit einem außergewöhnlichen Kostüm oder Make-up, habe ich Applaus dafür bekommen. Es ist wohl normal, dass man sich zu dem Ort hingezogen fühlt, wo die Leute einen mögen. Bei mir war das immer die Bühne. 

alverde: Gerade als Teenager hat man Selbstzweifel und fühlt sich oft unsicher. War das bei Dir anders? 

Riccardo Simonetti: Bestimmt war ich der selbstbewussteste Teenager, dem Du je begegnet bist. Auch wenn viele mich verurteilt haben für das, was ich mochte und wofür ich mich interessierte – ich dachte: Wenn mich etwas so glücklich macht, dann kann es nicht falsch sein.

alverde: Gab es trotzdem einen Punkt, an dem Du aufgeben wolltest? 

Riccardo Simonetti: Ich musste lernen, wie diskriminierend Medien oft mit Menschen umgehen, die Teil einer marginalisierten Gruppe sind. Aber ich wusste auch: Diese Entertainment-Welt ist die einzige Chance, mein Glück zu finden. Madonna hat mal gesagt: „The most controversial thing I did was to stick around.“ Das habe ich mir zu Herzen genommen. Also war ich hartnäckig, zurückgehen war keine Option. 

alverde: Du bist geblieben und auf vielen Bühnen zu Hause – was bedeutet Dir das? 

Riccardo Simonetti: Es war immer mein Ziel, familienfreundliche Sendungen zu machen und mehrere Generationen vor dem Bildschirm zu versammeln. Das ist mir gelungen. Wenn ich irgendwo bin, wollen so viele Menschen unterschiedlichen Alters ein Gespräch mit mir führen – dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe viel gelernt und versuche, mein Wissen weiterzugeben. So profitiere nicht nur ich von diesem Erfolg, sondern ich kann auch dafür sorgen, dass die Tür, die ich mühsam aufstoßen musste, für andere offen bleibt. Das soll nicht nur mein Erfolg sein. 

alverde: Wie offen ist diese Tür tatsächlich? 

Riccardo Simonetti: Das kommt darauf an, was man betrachtet. Die negativen Kommentare unter einem Bild auf Instagram sind nichts anderes als das, was mir vor 15 Jahren auf dem Schulhof hinterhergerufen wurde. Es hat sich nichts verändert, nur die Ebene, auf der es passiert. Aber die Kämpfe sind immer noch die gleichen. 

alverde: Was macht das mit Deinem Selbstbewusstsein? 

Riccardo Simonetti: Selbstbewusstsein ist immer nur geliehen, das gehört Dir nie. Das, was langfristiger ist, ist das Selbstwertgefühl; darin solltest Du investieren. Sich selbst mehr lieben als die Meinung anderer – das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. 

alverde: Hast Du Tipps für Tage, an denen man sich lieber unter der Decke verkriechen würde? 

Riccardo Simonetti: Dann mache ich Musik an, die in mir gute Gefühle auslöst. Ich gönne mir ein leckeres Frühstück und ziehe das Outfit an, in dem ich mich wohlfühle. Du kommst auch durch den Tag, wenn Du nur bei 70 Prozent bist oder bei 60 Prozent. Vielleicht ist das nicht der beste Tag, aber trotzdem kann es am Ende noch ein guter Tag werden. 

alverde: Wie gehst Du mit Ungewissheit um? 

Riccardo Simonetti: Mal besser, mal schlechter. Ich bin jemand, der gern vorbereitet ist, der Dinge plant und für alles eine Antwort hat. Doch immer wieder muss ich feststellen: Manche Dinge lassen sich einfach nicht planen. Ich versuche, auch Raum für Ungewissheit zu lassen und darin etwas Schönes zu sehen.

alverde: Bei einem Blick auf die Welt fällt das schon manchmal schwer. 

Riccardo Simonetti: Der Weltschmerz ist hart. Aber ich versuche, mir vor Augen zu führen, dass ich tue, was ich kann. Ich habe eine eigene gemeinnützige Organisation, bin UNICEF-Botschafter und engagiere mich karitativ. Ich bin kein Politiker, aber ich versuche, etwas zu bewirken. Das hilft mir. 

alverde: Wie fühlt es sich an, wenn das eigene Leben zur Dauerperformance wird? 

Riccardo Simonetti: Du lebst das Leben, das Du immer leben wolltest. Das bedeutet, dass Du es immer leben musst – auch wenn Du an einem Tag erschöpft oder krank bist. Du musst ein Lächeln aufsetzen und Deine Show machen. 

alverde: Was tust Du für Dich, um dabei nicht auszubrennen? 

Riccardo Simonetti: Jede Gelegenheit zum Feiern nutzen – Weihnachten, Silvester, Halloween, Ostern, Mittwochabend. Einfach, weil mein Leben überdurchschnittlich von meinem Job dominiert ist. Um die Freude im Alltag nicht zu verlieren, greife ich nach jedem Moment, der Happiness bedeutet. 

alverde: Du hast eine klare Haltung gegenüber Alkohol und Drogen. Wie kam es dazu? 

Riccardo Simonetti: Meine Vorbilder haben alles verloren, was ich als erstrebenswert empfand, wenn sie sich zu sehr auf Drogen und Alkohol eingelassen haben. Deshalb habe ich schon als Kind beschlossen, beides niemals anzurühren. 

alverde: Wie feierst Du Weihnachten? 

Riccardo Simonetti: Ich liebe Weihnachten, weil ich das Gefühl habe, heute muss ich niemanden unterhalten. Mein Mann und ich sind bei meiner Mama in Bayern. Sie kauft den größten Weihnachtsbaum und liebt es, Weihnachten für mich so zu inszenieren, als wäre ich noch vier Jahre alt – und dafür bin ich sehr dankbar.

Steckbrief: 
Vielfältig und einflussreich – Riccardo Simonetti 

Er wurde 1993 in Bad Reichenhall geboren und wuchs in einem Frauenhaushalt mit Mutter, Schwester und Großmutter auf. Bereits im Alter von vier Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne und mit 14 Jahren hatte er eine eigene Radiosendung. 2019 wählte ihn das Forbes Magazin zu den 30 einflussreichsten Menschen unter 30 – den 30under30. 

Er ist Gründer der Riccardo Simonetti Initiative, die sich für gesellschaftliche Vielfalt und gegen Diskriminierung einsetzt, und wurde 2022 zum bisher jüngsten deutschen Botschafter für UNICEF ernannt. Er hat mehrere Bücher geschrieben; „Mama, ich bin schwul“ wurde ein Spiegel-Bestseller. Darüber hinaus war er in TV-Hits wie „Wer stiehlt mir die Show“ oder „LOL: Last One Laughing“ zu sehen. Riccardo lebt mit seinem Mann in Berlin und auf Mallorca. 

Weihnachtsmann 

Er macht sich das ganze Jahr über Gedanken darüber, was er seinen Lieben zu Weihnachten schenken möchte. Jedes noch so kleine Geschenk wird aufwendig verpackt. 

Trust the Universe 

Sein Motto für 2026 lautet wie jedes Jahr: Dem Universum vertrauen und darauf hoffen, dass die richtigen Dinge passieren. Und wenn man manches im ersten Moment auch nicht versteht, darauf vertrauen, dass es am Ende Sinn ergibt.