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Verantwortung im Cockpit

Cordula Pflaum vor dem Flugzeug im Potrait

In der männerdominierten Luftfahrt möchte Pilotin Cordula Pflaum ein Vorbild sein. © Agentur Jungadler

Ausnahme in der männerdominierten Luftfahrt

Cordula Pflaum ist als Lufthansa-Ausbildungskapitänin für Langstreckenflüge eine Pionierin. Als Trainerin und Speakerin bringt sie das, was in der Luftfahrt überlebenswichtig ist, auch in anderen verantwortungsstarken Bereichen nach vorne: Sicherheits- und Fehlerkultur. 

Während andere Mädchen noch zwischen Berufswunsch „Prinzessin“ und „Tierärztin“ schwankten, begeisterte sie sich schon für Flugzeuge. Für die jüngste von vier Töchtern gab es keinen schöneren Ort als den kleinen Flugplatz Ganderkesee bei Bremen. Nahe dem Wohnort ihrer Klavierlehrerin. „Nachdem meine Mutter mich dort abgeholt hatte, fuhr sie jedes Mal in eine kleine Auffahrt in Sichtweite des Rollfeldes, damit ich den Flugzeugen zuschauen konnte.“ Mit 19 – damals das Mindestalter – beginnt Cordula Pflaum ihre Pilotenausbildung. Sie wird eine der ersten Flugkapitäninnen unter lauter Flugkapitänen und die erste Ausbilderin unter 500 Ausbildern für die Langstrecke. Eine Bilderbuchkarriere. Zumal „für eine Frau“, wie sie oft zu hören bekommt. 

Die ungeliebte Sonderrolle

Sie gilt als Ausnahme in der männerdominierten Luftfahrt. Ein Status, mit dem sie sich lange nicht anfreunden mag. Aus dem Cockpit stellt sie sich deshalb über Jahrzehnte mit „Hier spricht Ihr Kapitän!“ vor. „Anerkennung nehme ich gern entgegen. Aber nicht, weil ich eine Frau bin. Sondern weil ich etwas von meinem Fach verstehe.“ Und das tut sie. Ihre Erfahrung ist längst auch außerhalb der Luftfahrt gefragt – als Rednerin und Trainerin in der Wirtschaft und in der Medizin. Zu den Themen Fehler- und Sicherheitskultur, Hierarchien, Führung. Denn die Ausgangslage ist ähnlich: Die Menschen im Publikum tragen auch große Verantwortung. Und es geht immer um die Frage: Wie werde ich dieser Verantwortung gerecht, ohne von ihr erdrückt zu werden? Ohne, dass sie mich so stresst, dass ich das Eigentliche aus dem Blick verliere?

„Anerkennung nehme ich gern entgegen. Aber nicht, weil ich eine Frau bin. Sondern weil ich etwas von meinem Fach verstehe.“

Verantwortung leben

Manche Strategien aus der Luftfahrt haben so auch in der Medizin Eingang gefunden. Etwa das sogenannte „Team-Time-out-Verfahren“. Damit wird Zuständigkeit strukturiert, werden gemeinsam Checklisten abgearbeitet: „Rollenklarheit ist wichtig. Das Team bespricht sich zum Beispiel vor einer OP genau, wer für was verantwortlich ist und ob alles dafür Notwendige bereitliegt.“ Ganz so, wie es auch Cordula Pflaum praktiziert, wenn wieder ein Langstreckenflug mit einem Airbus 380 ansteht und etwa 23 Menschen am Start sind, die fünf Minuten Zeit haben, ein Team zu bilden, um Verantwortung für rund 500 Passagiere zu übernehmen. Das wird deutlich leichter, auch mit einer Führungskultur, in die „psychologische Sicherheit“ eingepreist ist. Meint: „Dass man Fehler benennen darf, die eigenen und die, die man bei anderen bemerkt.“ Mit der Gewissheit, dass man deshalb keinerlei Nachteile riskiert, sondern dass es im Gegenteil gewünscht ist. 

Sicherheit geht vor. In der Luftfahrt ist es gesetzlich verankert, dass auch bei Piloten regelmäßige Leistungs- und Gesundheits-Checks vorgenommen werden. „Ich kenne keinen anderen Beruf, in dem man während seiner gesamten Laufbahn immer wieder geprüft wird.“ Etwas, das Cordula Pflaum sehr gern etwa auch in der Medizin festgeschrieben sehen würde. 

Am liebsten im Cockpit

Cordula Pflaum sagt, sie liebe auch ihre Tätigkeit als Führungskräfte-Trainerin. Aber nichts sei so wunderbar wie das Fliegen. „Jedes Mal, wenn ich auf die Startbahn rolle und den Schub setze, ist das das Schönste der Welt.“ Sogar mit ihrem Exoten-Status hat sie sich angefreundet. Davon erzählt die Sportbegeisterte – sie spielt Tennis und Squash, fährt Ski und schwimmt – auch in dem Buch, das sie gemeinsam mit der Sozialwissenschaftlerin Heidi Friedrich geschrieben hat. Es handelt „von Höhenflügen, Vorurteilen und meinem Leben als Pilotin“ und heißt „Guten Tag, hier spricht Ihre Kapitänin“ (Goldmann). Und genau so stellt sich Cordula Pflaum seit ein paar Monaten nun auch ihren Passagieren aus dem Cockpit vor.