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Deutschsprachige Minderheiten im Ausland

Menschen malen Flaggen am Tisch

Jugendliche deutscher Minderheiten zeichnen im Sommercamp in Warschau die LÀnder, aus denen sie kommen. © Sebastian Gerstenberg

Michael Töpfer und Miriam MĂ€hner sind bei den internationalen Jugendtreffen dabei 

Vor allem in Mittel- und Osteuropa leben seit Jahrhunderten deutsche Minderheiten. Sie pflegen ihre Sprache und ihre eigene IdentitĂ€t. Im jĂ€hrlichen Sommercamp setzen sich Jugendliche aus zwölf LĂ€ndern mit ihrer IdentitĂ€t auseinander. 

Was haben SĂ€nger Peter Maffay, der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer, Model Stefanie Giesinger und Schauspielerin Anja Kling gemeinsam? 

Sie sind Nachfahren deutscher Minderheiten in Mittel- und Osteuropa. Rund eine Million Menschen leben heute noch als Teil einer deutschen Minderheit in diesen LĂ€ndern, so in Polen und RumĂ€nien und bis nach Kasachstan und Kirgisistan. Einmal im Jahr treffen sich Jugendliche aus diesen Minderheiten auf Einladung des Instituts fĂŒr Auslandsbeziehungen (ifa) zu einem Sommercamp, im Juli 2024 in Warschau. 14- bis 17-JĂ€hrige aus zwölf verschiedenen LĂ€ndern diskutierten dort in Workshops ĂŒber Themen wie demokratische Partizipation, soziales Engagement, Populismus, Migration und DiversitĂ€t und hatten viel Gelegenheit, einander kennenzulernen. 

Freundschaften ĂŒber LĂ€ndergrenzen

Zu den Teilnehmern gehörte Michael Töpfer. Er sagt, er habe es genossen, Gleichaltrige aus weit entfernten LĂ€ndern wie Georgien und Kasachstan, ihr Denken, ihre Traditionen und ihr Essen kennenzulernen. Er hofft, dass daraus bleibende Freundschaften entstehen. Michael Töpfer ist Angehöriger der SiebenbĂŒrger Sachsen, einer von mehreren deutschsprachigen Minderheiten in RumĂ€nien. Die ersten deutschen Siedler kamen im 12. Jahrhundert in die Region, wo sie mithelfen sollten, das dĂŒnnbesiedelte Gebiet wirtschaftlich zu entwickeln. 

Multikulturelles RumÀnien

Die rumĂ€nische Verfassung rĂ€umt den RumĂ€niendeutschen das Recht auf kulturelle Autonomie, Bildung in der Muttersprache und die Pflege ihrer kulturellen Traditionen ein. Michael Töpfer geht auf eine deutsche Schule. Die deutschen Schulen gehören zu den Ă€ltesten Bildungseinrichtungen RumĂ€niens. Sie sind auch unter anderen RumĂ€nen beliebt und gelten, so Michael Töpfer, als Eliteschulen.  

RumĂ€nien sei seit jeher ein multikulturelles Land mit vielen Minderheiten, „da bleiben Probleme nicht aus“, so der Jugendliche. Obwohl die deutsche Minderheit im Land geachtet werde – immerhin stellt sie mit Klaus Werner Johannis, einem SiebenbĂŒrger Sachsen, den StaatsprĂ€sidenten – erlebe er durchaus Ablehnung. Etwa wenn er gefragt werde, ob die Sachsen denn unbedingt nach SiebenbĂŒrgen auswandern mussten. 

Spannungen und gutes Miteinander

Miriam MĂ€hner, die das Warschauer Sommercamp mitorganisierte, kennt sich mit der deutschen Minderheit in Polen aus. Die ifa-Kulturmanagerin arbeitet beim Bund der Jugend der deutschen Minderheit (BJDM) im oberschlesischen Verwaltungsbezirk Opole in Polen. Hier lebt mit rund 25.000 Menschen ein Großteil der deutschen Minderheit. Das VerhĂ€ltnis zu den Polen war aufgrund des Leids, das Deutschland im Zweiten Weltkrieg ĂŒber Polen gebracht hat, nie spannungsfrei. Mitglieder der inzwischen abgewĂ€hlten Regierungspartei PiS forderten, zweisprachige Ortsschilder zu entfernen. Doch vor allem dort, wo die deutschsprachige Minderheit stark vertreten sei, gebe es ein gutes Miteinander, sagt Miriam MĂ€hner. Bei einem deutschen Straßenfest habe im Juni auch die polnische Mehrheitsgesellschaft eifrig mitgefeiert. Auch wenn die deutsche Minderheit vor allem in den Dörfern ihren eigenen Dialekt, das Schlesische, pflege, kapsele sie sich nicht ab. „Bei Veranstaltungen der deutschen Minderheit ist jeder willkommen“, versichert Miriam MĂ€hner. 

Anders als in den 1990er-Jahren verspĂŒren Jugendliche deutscher Minderheiten lĂ€ngst nicht mehr durchweg den Wunsch, nach Deutschland zu ziehen. Gerade EU-Mitgliedsstaaten wie Polen und RumĂ€nien bieten Ă€hnliche Zukunftschancen wie Deutschland. Und als EU-BĂŒrger genießen sie die Freiheit, sich ĂŒberall in Europa niederlassen zu können. Michael Töpfer möchte noch aus einem anderen Grund nicht dauerhaft nach Deutschland ziehen. „Die meisten, die wegziehen, verlieren einen Teil ihrer IdentitĂ€t als deutsche Minderheit in RumĂ€nien. Sie werden Teil der deutschen Mehrheitsgesellschaft“, befindet der 17-JĂ€hrige. Er hĂ€ngt an den Traditionen seiner Heimat. Familie und Kirche hĂ€tten dort noch einen hohen Stellenwert, sagt er. Wenn er von den Festen und Trachten schwĂ€rmt, merkt man, dass ihm auch ein gutes StĂŒck GemeinschaftsgefĂŒhl fehlen wĂŒrde. „Es ist einfach so, dass ich mich da, wo ich lebe, zu Hause fĂŒhle.“ 

Michael Töpfer und Miriam MÀhner

Michael Töpfer und Miriam MÀhner im Potrait

© Maciej Gillert

Michael Töpfer und Miriam MĂ€hner 
Der RumÀniendeutsche Michael Töpfer (l.) nahm am Sommercamp deutscher Minderheiten in Warschau teil. Miriam MÀhner (r.) ist ifa-Kulturmanagerin bei der Jugendorganisation der deutschen Minderheit Polens.