Mit Begriffen begreifen wir die Welt

„An deren Verwendung ist auch unser Denken ausgerichtet.“ ¹⁾
Kolumne von Christoph Werner
Liebe Leserin, lieber Leser,
kennen Sie die Redewendung „sich einen Begriff von etwas machen“?
Damit ist gemeint, einen Sachverhalt oder einen Zusammenhang gedanklich zu durchdringen, um ihn zu verstehen. So wie wir mit unseren Händen physische Gegenstände ergreifen und ertasten, können wir mit unserem Verstand dessen geistiges Abbild, die Idee, begreifen und begrifflich in einen Zusammenhang bringen.
Das lässt sich im praktischen Leben oft beobachten. Denken Sie nur an den Moment des Erkennens, wenn Ihnen etwas klar wird. Sie finden einen Gegenstand, den Sie zunächst nicht einordnen können. Nachdem Sie ihn in die Hand genommen und untersucht haben, wird Ihnen klar, dass es sich beispielsweise um einen zweckmäßigen Gebrauchsgegenstand handelt. Vom physischen Gegenstand sind Sie zur Idee vorgedrungen, von der Sie sich einen Begriff machen und die Sie verstehen können.
Es geht aber auch andersherum. Also von der Idee zum Begriff und dann zum physischen Gegenstand: Ein Gebäude soll für einen bestimmten Zweck errichtet werden. Der Architekt wird zunächst vom Auftraggeber erfragen, wie die Anforderungen an Funktionalität und Ausdruck sein sollen. Daraus entsteht in seinen Gedanken die Idee eines Gebäudes, die er konkret als Entwurf und Plan zu Papier bringt. Gefällt dieser und liegt eine Baugenehmigung vor, wird die Idee umgesetzt und das Gebäude errichtet. Die allgemeine Idee eines Gebäudes wurde in einen Begriff dieses konkreten Gebäudes gedanklich gefasst und dann physisch durch Handwerk erschaffen.
Warum ist das von Bedeutung?
Mit Begriffen begreifen wir die Welt. Anschließend formen wir sie, wie wir sie begriffen haben. Wie wir die Welt begreifen und in sie schauen, ist eine Entscheidung, die jeder von uns zu verantworten hat. Sehe ich in Menschen beispielsweise erkenntnisfähige, ergebnisoffene Entwicklungswesen, werde ich anders mit Menschen umgehen, als wenn ich Menschen als determinierte Reiz-Reaktionswesen sehe. Das hat Auswirkung auf meine eigene Entwicklung und auf das, was sich in den Menschen regt, mit denen ich so in Beziehung trete.
Aus diesem Grund bemühen wir uns bei dm, mit Begriffen sehr bewusst umzugehen. Es macht eben einen Unterschied, ob wir Menschen, die sich bei dm für einen Beruf qualifizieren, als „Auszubildende“ oder als „Lernlinge“ bezeichnen. Ersterer Begriff legt eine Formung durch außen, zweiterer aktives Lernen nahe. Oder ob wir das Gebäude in Karlsruhe, in dem wir die Vorleistungen für unsere vielen dm-Märkte erbringen, wie früher „dm-Zentrale“ nennen oder wie aktuell „dm-dialogicum“. In Ersterem wurde eher zentralistisch vorgegeben, in Letzterem bemühen wir uns, mit Fokus auf die Sinnhaftigkeit (dia logos = durch Sinn) sinnvolle Dinge für die dm-Märkte und unsere Kundinnen und Kunden zu tun.
Der dm-Leitsatz „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“ oder „Wir machen den Unterschied“ auf der Arbeitsbekleidung unserer Kolleginnen und Kollegen in den dm-Märkten sind für uns daher mehr als nur Wörter in Sätzen.
Herzlichst Ihr
Christoph Werner
Vorsitzender der Geschäftsführung