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Stuhl-Yoga statt Kopfstand

Zwei Frauen sitzen auf Stühlen in einem Raum mit hellem Boden und weißen Wänden; die Frau links trägt ein weißes Langarmshirt, blaue Jeans und rote Socken und beugt sich nach vorne, während die Frau rechts ebenfalls ein weißes Langarmshirt und blaue Jeans trägt und aufrecht sitzt; im Hintergrund ist eine weitere Person in einem roten Pullover und dunkler Hose auf einem weißen Stuhl zu sehen, deren Gesicht unscharf ist

Yoga kennt keine Altersgrenze. ¹⁾

Freude an Bewegung

Yoga als Lifestyle-Trend wird oft mit durchtrainierten Körpern und akrobatischen Verrenkungen assoziiert. Doch in der Münchner OMY!-Yogagruppe steht etwas anderes im Mittelpunkt: Bewegung, Gemeinschaft und Lebensfreude – und das im hohen Alter, auch mal mit künstlicher Hüfte oder Sauerstoffflasche. 

Daumen hoch, runter oder zur Seite – wie geht’s heute? Mit dem Daumencheck beginnt der OMY!-Kurs. Sieben Teilnehmerinnen zwischen 60 und 90 Jahren und die Yogalehrerin Beatrice-Máriko Stein-Päsler sitzen im Gymnastikraum des Alten- und Service-Zentrums auf bunten Stühlen im Kreis. Das Zentrum stellt nicht nur Räume bereit, sondern trägt mit Unterstützung der Stadt München einen Teil der Kosten – denn Yoga soll nicht an einer schmalen Rente scheitern. 

Individuelle Übungen

Die Seniorinnen tragen bequeme Alltagskleidung und haben sich dicke Wollsocken übergezogen. Eine Teilnehmerin hält den Daumen nach unten gerichtet. Sie erzählt der Gruppe, dass es ihr nicht gut gehe, weil eine Bekannte gestorben sei. „Deswegen bin ich heute hier.“ Beatrice-Máriko Stein-Päsler, die eine Zusatzausbildung für Yoga für Senioren hat, passt die Übungen und den Ablauf der Yogastunde dem Wohlbefinden und der Fitness der Teilnehmerinnen an. Der Stuhl spielt bei den Übungen eine wichtige Rolle. Gelegentlich dient er auch als Stütze bei Bewegungsabläufen im Stehen. 

Zu Beginn konzentrieren sich die Teilnehmerinnen auf ihre Atmung und spüren nach, indem sie die Hände auf Herz und Bauch legen. Maria Vollmar macht die Übungen auch zu Hause, um ihre Atmung kontrollieren zu können. Aufgrund ihrer COPD-Erkrankung ist sie auf ein Sauerstoffgerät angewiesen, nach dem Yoga merkt Maria Vollmar einen Unterschied. 

Dann folgen leichte Dehn- und Kraftübungen: Die Frauen strecken beispielsweise erst ihre Arme in die Höhe und berühren dann die Fußspitzen. „Das Schöne am Yoga ist, hier müssen wir den Bauch nicht einziehen. Es ist kein Wettbewerb“, sagt die Lehrerin, und einige der Teilnehmerinnen stimmen ihr kichernd zu. 

„Ich spüre in jeder Stunde die Dankbarkeit der Teilnehmerinnen. Es kommt so viel zurück – das ist für mich die größte Motivation. Jede Stunde ist schön.“ – Beatrice-Máriko Stein-Päsler, OMY!-Yogalehrerin in München

Mit Yoga zu mehr Lebensfreude

„Ich fühle mich entspannter und ein bisschen fitter. Und ich bemühe mich, dass ich täglich wenigstens einen Teil von dem mache, was ich hier gelernt habe“, sagt die 79-jährige Rosi Rehm. Auch Beatrice-Máriko Stein-Päsler sieht nach den zwei Jahren, in denen sie den Kurs leitet, positive Veränderungen – nicht nur auf dem Yogastuhl. „Die Frauen verabreden sich auch privat zu Treffen. Die Kontakte, die hier entstehen, helfen so ein bisschen gegen Einsamkeit im Alter.“ 

Nachdem die beruhigende Musik der Abschlussmeditation verklungen ist, verabschiedet sich die Yogagruppe mit der Namasté-Geste und einem Lächeln im Gesicht. 

Eine Gruppe von sieben Personen sitzt und steht in einem Raum mit hellgrünem Boden und einer weißen Wand, die durch einen orangefarbenen Rahmen unterbrochen wird, alle tragen lässige Kleidung in verschiedenen Farben wie Rot, Grün, Gelb und Schwarz, und einige haben Schals um den Hals, während die Gesichter der Personen unscharf sind.

Der OMY!-Kurs im Münchner Stadtviertel Lehel findet jeden Montag statt und wird im Programmheft des Alten- und Service-Zentrums beworben. Anmeldungen erfolgen direkt über das Zentrum. ¹⁾

Yoga als soziale Arbeit

Mit dem Programm YOGAHILFT ermöglicht der Verein Yoga für alle e. V. Menschen in schwierigen Lebenslagen – von Geflüchteten bis zu Kindern in Brennpunktschulen – die Teilnahme an der ganzheitlichen Übungspraxis und erreicht damit mittlerweile wöchentlich 1.000 Menschen. Das Format Oh My Yoga! – Yoga für Menschen 60 plus, kurz OMY! – startete 2019 in Hamburg.  

Inzwischen gibt es 38 OMY!-Gruppen in Hamburg und München. Cornelia Brammen, eine der geschäftsführenden Vorsitzenden des Vereins, weiß, dass die herkömmlichen Lifestyle-Yogakurse oft an den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Senioren vorbeigehen: „Eine Yogastunde in Hamburg und in München liegt bei 15 bis 20 Euro. Wer Grundsicherung im Alter bekommt, kann sich das überhaupt nicht leisten.“  

Hinzu komme, dass die meisten Einrichtungen nicht barrierefrei und altersgerecht gebaut seien und oft das Fachwissen fehle, um Hochaltrige richtig anzuleiten. „Da liegt viel Kraft drin, wenn die Teilnehmenden merken: ‚Ah, okay, ich kann die Übung machen, so wie mein System das hergibt.‘“, sagt Cornelia Brammen. 

Weitere Infos unter: yogahilft.com 

Zusammen mit dem Verein Yoga für alle e. V. bieten unter anderem sieben Alten- und Servicezentren OMY!-Kurse in München an. Sie fördern die Lebensqualität und Selbstständigkeit älterer Menschen durch vielfältige Angebote.