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Studentin Matilda diskutiert über Politik

Foto von Matilda Wezel im Dialogicum

Die 21-jährige Matilda Wezel studiert in Karlsruhe. © Matilda Wezel/privat

Willi Weitzels Mutmachgeschichte

Matilda Wezel, duale Studentin bei dm, engagiert sich politisch. Darunter versteht sie auch, sich mit jungen Leuten, die ganz anders ticken als sie, über Frust, Enttäuschung und die Möglichkeiten, etwas gemeinsam zu verändern, auszutauschen. Willi Weitzel hat sie im Video-Chat getroffen.

Matilda Wezel, von der ich heute berichten möchte, gehört mit ihren 21 Jahren zur Generation Z. Um die Zukunft der zwischen 1995 und 2010 Geborenen geht es ja heute mehr als um die von uns Älteren. Mich hat schockiert, dass bei der Europawahl in diesem Jahr viele junge Leute rechtspopulistisch gewählt haben. Ich frage Matilda, die seit der Schulzeit in der Jugendorganisation einer etablierten Partei engagiert ist, wie mutig beziehungsweise entmutigt ihre Generation eigentlich ist.

Matilda hat im Mai zusammen mit vier Gleichaltrigen, die wie sie bei dm ein duales Studium absolvieren, am Jugend-Engagementkongress in Berlin teilgenommen. Dort traf sie auch Politprominenz wie Angela Merkel und die Klimaaktivistin Luisa Neubauer. In Workshops zu aktuellen Themen und bei einem Treffen mit jüdischen Studierenden in der Synagoge hat Matilda viele Erkenntnisse gesammelt und sich Inspiration geholt.

Die Komfortzone verlassen

„Viele in meiner Generation setzen sich tagtäglich mit politischen Themen auseinander. Aber leider gibt es auch sehr viele entmutigte junge Menschen, die es runterzieht, über Politik und die aktuellen Krisen zu sprechen oder sich damit näher zu beschäftigen. Sie fühlen sich ohnmächtig“, sagt Matilda. Manche hätten aus Frust und Protest rechtsextrem gewählt. „Andere sagen: ‚Ich nutze das Leben noch aus, es geht eh alles den Bach runter‘.“

Das klingt bitter! Ihre Antworten darauf finde ich ermutigend. Matilda bleibt am Ball, sie sucht, wo sie kann, das Gespräch auch mit Gleichaltrigen, die ganz anders denken als sie.

Schon früh hat Matilda sich entschieden, ihre Komfortzone, ihre Bubble, zu verlassen. „Ich bin in einem privilegierten Stadtteil von Hamburg aufgewachsen und hatte viele Mitschüler aus sehr wohlhabenden Familien“, erzählt sie mir im Video-Chat.

„Ich finde, sich in andere hineinzuversetzen ist der Anfang aller Politik.“ Willi Weitzel

Zu Hause haben ihre Eltern von ihrer Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe am sozialen Brennpunkt St. Pauli gesprochen – zwei Welten prallten für Matilda aufeinander. „Ich fühlte mich zwischen den Stühlen.“ Bei politischen Podiumsdiskussionen im Rahmen des Politikprofils am Gymnasium wies sie darauf hin, dass es nicht allen so gut gehe wie ihnen in ihrem Stadtteil. 

„Es war mir wichtig, auch für andere Sichtweisen einzustehen.“ Praktika in einem Jugendzentrum, in einer Grundschule mit vielen Kindern mit Migrationshintergrund und bei einem Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft bestärken sie darin, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Anderen zuzuhören, die frustriert sagen: „Politik, das bringt doch alles nichts“ – sie erzählen zu lassen, was sie beschäftigt, auf das aufbauen, was uns verbindet. Das imponiert mir. Und es ist toll, was sie für sich daraus mitnimmt. Sie lernt, für ihre Meinung einzustehen. „Ich komme mit einem anderen Blick auf Themen aus solchen Gesprächen und gebe anderen meine Meinung mit, ohne sie zu belehren oder bekehren zu wollen. Ich lerne Leute kennen – und das ist ein viel schöneres Gefühl, als passiv zu sein, Andersdenkende einfach von vornherein zu verurteilen und das Gefühl zu haben, ohnmächtig zu sein.“

Veränderung in kleinen Schritten starten

Beim Thema Klimawandel glaubten viele, es gehe dabei um alles oder nichts und dass sie gleich alles richtig machen müssten: vegan sein und nicht mehr fliegen und, und, und. „Aber sie können auch einfach mal irgendwo anfangen. Und wenn das viele tun, ist in der Summe viel erreicht“, findet Matilda. Was uns die 21-Jährige mitgeben will, bringe ich mal so auf den Punkt: Sich in andere hineinversetzen ist der Anfang aller Politik. Es ist auch ein Appell, nicht bequem in der Gruppe mitzuschwimmen. Dass das eine Persönlichkeit formt und zufrieden macht, verkörpert Matilda.