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Wie wir Zufälle nutzen können

Rote Würfel mit weißen Punkten

Die Würfel sind gefallen – oder kann ich Einfluss nehmen auf Zufälle und unerwartete Ereignisse?

Prof. Dr. Christian Busch erklärt den Unterschied zwischen Glückspilzen und Pechvögeln

Sind unerwartete Geschehnisse eine Chance, die wir besser nutzen könnten? Welche Rolle spielt der Zufall beim Glück? 

Als Prof. Dr. Christian Busch während der Coronapandemie zufällig eine alte Freundin mitten in New York wiedertraf, verabredeten sie sich. Heute sind sie ein Paar. Als der Mediziner Alexander Flemming in seiner Petrischale einen versehentlich gewachsenen Schimmelpilz entdeckte, bemerkte er, dass in dessen Nähe keine Bakterien wuchsen – und fand das Penicillin. Günstige Fügungen, durch die Unerwartetes das Leben verändern kann. 

Glück oder Zufall? Christian Busch hat sich die Phänomene genauer angeschaut. „Bei Erfindern oder erfolgreichen Menschen scheint es, als ob sie mehr Glück haben als andere. Dem ist aber nicht so“, erklärt er. Jedoch: Manche Menschen sind eher in der Lage, Bedingungen zu schaffen, damit positive Zufälle häufiger eintreten, und diese zu nutzen, um Ergebnisse zu erzielen. Christian Busch nennt das „aktives Glück“. Es heißt auch Serendipität – die Fähigkeit, zufällige Ereignisse als freudvolle, lebensbereichernde, nützliche und zielführende Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. 

Beispiel: Du verschüttest Deine Tasse Tee im Café, direkt neben einem anderen Gast. Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Du damit umgehen kannst. Möglichkeit 1: Du entschuldigst Dich, gehst weiter. Später fragst Du Dich vielleicht, was passiert wäre, wenn Du mehr gesagt hättest. Möglichkeit 2: Du nutzt die Situation und beginnst ein Gespräch, weil Du die Person interessant findest. Daraus könnte sich eine Freundschaft entwickeln. „Der springende Punkt ist, was man aus dem Zufall macht“, erklärt Christian Busch. 

Glückspilze und Pechvögel 

Wie unterschiedlich man mit dem Zufall umgehen kann, zeigt das Experiment des britischen Psychologieprofessors Richard Wiseman. Er nahm eine Person, die sich als Glückspilz betrachtete, und eine andere, die sich selbst als Pechvogel sah. Beide gingen allein die Straße entlang zu einem Café, bestellten Kaffee und setzten sich. Auf dem Bürgersteig lag sichtbar ein Geldschein. Im Café konnten sie sich entweder zu einem Geschäftsmann an die Theke oder an Tische, an denen Schauspieler saßen, setzen. Das Ergebnis war bemerkenswert: Der Pechvogel übersah den Geldschein, setzte sich an die Theke und schwieg. Der Glückspilz fand den Geldschein, setzte sich ebenfalls an die Theke, begann aber ein Gespräch mit dem Geschäftsmann und freundete sich mit ihm an. Beide Testpersonen hatten die gleichen Möglichkeiten, aber nur einer hatte am Ende des Experiments etwas Positives zu berichten. Warum ist das so? 

Pechvögel akzeptieren ihr Schicksal oft passiv, sind weniger offen und achtsam, erklärt Christian Busch. Glückspilze haben die Fähigkeit, die positiven Folgen eines unerwarteten Ereignisses zu erkennen und zu nutzen. Sie übernehmen Kontrolle und handeln aktiv. Dadurch erleben sie Serendipität. Sie bezeichnet die Fähigkeit, Positives aus unerwarteten Ereignissen zu erkennen und zu nutzen.“ 

Serendipität können wir fördern: „Durch den Austausch, Teilnahme an neuen Aktivitäten, Neugierde auf neue Erfahrungen und die Flexibilität, Pläne auch mal zu ändern.“ Dadurch wird das Unerwartete wahrscheinlicher. Nicht unbedingt, weil es öfter passiert, sondern weil wir beginnen, danach Ausschau zu halten, sobald wir darauf eingestellt sind. 

Dem Zufall auf die Sprünge helfen 

Jeder kann sein Glück beeinflussen. „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Menschen, die ihre Aufmerksamkeit auf positive zufällige Ereignisse lenken, diese auch häufiger erleben“, so der Zufallsforscher. Erster Schritt kann sein, sich selbst zu fragen: Was hindert mich daran, Chancen zu ergreifen? Vielleicht die Angst vor Ablehnung? Dann kann man daran arbeiten, diese Angst zu überwinden. Und ist es nicht schlimmer, eine Idee nicht vorzubringen und es später zu bereuen? 

Die Hakenstrategie ist eine clevere Methode, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen. „Stellen Sie sich vor, jemand fragt Sie, was Sie beruflich machen“, erklärt Christian Busch. „Sie könnten einfach sagen: ‚Ich bin Büroangestellte‘. Oder Sie könnten sagen: ‚Ich liebe es, Menschen zu verbinden, und organisiere gerne Meetings im Büro. Vor Kurzem habe ich auch begonnen, mich für Philosophie zu interessieren.‘ Auf diese Weise bieten Sie Ihrem Gesprächspartner viele Ansatzpunkte, über die er sich mit Ihnen austauschen kann oder zu denen er Ideen hat.“ 

Indem Du verschiedene „Haken“, also Anknüpfungspunkte, präsentierst, die zu Deinem Leben passen, erhöhst Du die Wahrscheinlichkeit, dass sich positive Zufälle ergeben. Vielleicht kennt Dein Gesprächspartner jemanden, der ein Organisationstalent wie Dich sucht, und es ergibt sich eine neue berufliche Möglichkeit. 

Die Kunst besteht darin, den Zufall nicht einfach hinzunehmen, sondern aktiv zu gestalten. Indem wir von einem passiven Empfänger zu einem aktiven Gestalter werden, können wir unser eigenes Glück gezielt formen. 

Prof. Dr. Christian Busch

Prof. Dr. Christian Busch in grauem Anzug

Der Dozent und Buchautor Prof. Dr. Christian Busch erforscht seit einem Jahrzehnt das Zusammenspiel von Handeln und Zufall und ist fasziniert von „glücklichen Zufällen“.

Aktives Glück: Serendipität 

Das Wort bedeutet übersetzt „glücklicher Zufall“. Christian Busch definiert es auch als „unerwartetes, aktives Glück“: Man verwandelt zufällige Gelegenheiten in Vorteile, nutzt ungeplante Ereignisse zu seinen Gunsten. Drei Dinge braucht es dazu: 

  1. Ein Auslöser, das heißt, wir begegnen etwas Unerwartetem, das etwas in uns macht. 

  2. Eine Assoziation: Wir verknüpfen, assoziieren den Auslöser mit etwas, das zuvor keinen Bezug dazu hatte. 

  3. Wir erkennen das Neue, die Innovation, die Lösung oder die neue Art, etwas zu tun. 

Tipp: Entrümpele Deinen Geist 

So schmiedest Du Dein Glück mithilfe des Zufalls: 

  • Notiere Dir die wichtigsten Serendipitätsmomente (Ereignisse, Begegnungen) in den vergangenen sechs Monaten. 

  • Wenn jemand Dich um Rat bittet: Statt zu überlegen, was Dir helfen würde, frägst Du erst: Was sagt Dir Deine Intuition? Was denkst Du, könnte das Problem lösen? 

  • Frage Dich bei wichtigen Ereignissen, wie es dazu kam, welche Verbindungen/Personen maßgebend waren. Was konntest Du von anderen lernen? 

  • Engagiere Dich in sozialen, beruflichen oder kreativen Aktivitäten. Je mehr Du aktiv bist, desto größer sind die Chancen, auf unerwartete Möglichkeiten zu stoßen. 

Bild (ganz oben): gettyimages/gbrundin
Bild Experte & Buch: Murmann Verlag