Zugvögel müssen bei ihren Flügen geschützt werden

Zwei Milliarden Vögel fliegen jedes Jahr Richtung Afrika, um zu überwintern. ¹⁾
Wenn Vögel in ihre Winterquartiere fliegen, brauchen sie sichere Rastplätze
Zugvögel überwintern in warmen Gefilden. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) schützt gemeinsam mit internationalen Partnern ihre Flugrouten.
In den vergangenen Monaten waren sie zu beobachten: Schwärme von Zugvögeln auf dem Weg in den Süden, wo sie überwintern, um ab März nach Mittel- und Nordeuropa zurückzukehren. Zu ihnen gehören Störche, Kraniche, Mauersegler, Wachteln, Turteltauben und Singvögel wie die Mönchsgrasmücke. Am weitesten fliegt der Kuckuck – bis nach Südafrika. Von zwei Milliarden Zugvögeln, die jedes Jahr zwischen Europa und Afrika unterwegs sind, kehren jedoch nur rund 600 Millionen wieder zurück. Die anderen sterben auf ihrer langen Reise. Die Gründe sind Erschöpfung, Hunger, Krankheit, der Flug durch Stürme und Kriegsgebiete oder die illegale Jagd auf Vögel.
Vogelschützer pachten sichere Rastplätze
„Es gibt eine kritische Masse, die zurückkommen muss, damit die Populationen erhalten bleiben“, erläutert Thomas Tennhardt. Der Biologe und Ornithologe leitet den Fachbereich Internationales beim NABU. Der Verband leistet seit vielen Jahren einiges, um die Wege der Zugvögel abzusichern und die Bedingungen im Winterquartier zu verbessern. Das funktioniert nur, weil Naturschützer über Grenzen hinweg kooperieren. Zentral dafür ist die Organisation BirdLife International, die Partnerorganisationen in 123 Ländern verbindet.
Patrouillen, um Jäger abzuschrecken
In süditalienischen Regionen wie Kalabrien und Sizilien, aber vor allem auf Malta und Zypern werden Vögel nach wie vor von Wilderern gejagt. Hier richten BirdLife und NABU sowie lokale Bürgerinitiativen Schutzzonen für Zugvögel ein. Vogelschützer patrouillieren an beliebten Orten der Vogeljagd und schrecken damit Jäger ab. Die örtliche Polizei unterstützt sie dabei. Als EU-Mitglieder sind Malta und die Republik Zypern an die EU-Vogelschutzrichtlinie gebunden. „Die Jagd ist trotzdem noch verbreitet und hat eine lange Tradition“, verdeutlicht Thomas Tennhardt. „Es ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten“, so der Tierschützer.
Im Einsatz gegen ägyptische Fangnetze
Das gilt auch für Ägypten. Das Land hat zwar zahlreiche Naturschutz-Konventionen unterzeichnet, setzt sie aber beim Vogelschutz kaum um. Jedes Jahr spannen Wilderer entlang der Mittelmeerküste Fangnetze für die Zugvögel auf. Sie erstrecken sich über eine Länge von 700 Kilometern Küste. Geschätzte zehn bis zwanzig Millionen Vögel fallen ihnen Jahr für Jahr zum Opfer. „Die ägyptische Küste ist die größte Vogelfalle der Welt“, klagt der amerikanische Schriftsteller und Vogelschützer Jonathan Franzen. Hier sind auch die Möglichkeiten des NABU begrenzt. Weiter südlich, in Tansania und Kenia, werden Störche mit Pestiziden vergiftet und anschließend verzehrt. Das ist grausam gegenüber den Tieren und schädlich für die Konsumenten. NABU und BirdLife bauen deshalb Hühnerfarmen auf, um den Menschen eine Nahrungsalternative zu bieten.
Ausgerechnet der Klimawandel rettet derzeit Vertretern einiger Arten das Leben. „Viele Störche überwintern jetzt in Spanien oder Frankreich. Einige ziehen gar nicht mehr nach Afrika. Die Mönchsgrasmücke überwintert in England, nicht mehr in Afrika“, sagt Thomas Tennhardt. Die meisten Vögel folgten jedoch ihren klassischen Routen, die sie über das östliche oder das westliche Mittelmeer Richtung Afrika führen.
Temporäre Abschaltung von Windrädern
Doch auch hierzulande hat aus Sicht des NABU wenig Grund, die Hände in den Schoß zu legen. „Auch bei uns sterben Zugvögel“, sagt der Experte. Als Beispiel nennt er Windkraftanlagen. Der NABU setzt sich für einen naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien ein, dabei müssten die Betreiber die Hauptrouten der Vögel aber besser schützen, und sei es durch die temporäre Abschaltung von Anlagen. Windräder in Wäldern zerstörten durch ihre Fundamente und Zufahrtswege Biodiversität am Boden und damit Nahrungsquellen für Vögel, und sie seien besonders auch für Fledermäuse „extrem gefährlich“. Thomas Tennhardt schlägt vor, mehr auf Fotovoltaik auf Gebäuden zu setzen. Damit findet er bei den politisch Verantwortlichen derzeit wenig Gehör. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in der Fläche sei einfacher umzusetzen. „Die Politik hat derzeit andere Prioritäten“, räumt der Biologe ein. Umso wichtiger ist die Arbeit der Vogelschützer, die auch im nächsten Frühjahr wieder dafür sorgen werden, dass Millionen Zugvögel sicher nach Deutschland zurückkehren.
NABU Vogelschutz für zu Hause
Auch in Deutschland ist der Fortbestand von Vogelpopulationen gefährdet. Wer Vögel schützen möchte, kann das auch vor der eigenen Haustür tun, etwa durch die Anbringung von Vogelschutzfolien an Fenstern. Glas ist für Vögel unsichtbar. Spiegelungen in Fenstern täuschen ihnen die Silhouetten von Bäumen und Büschen vor. Die Beschichtungen machen das Glas für sie sichtbar. Schon jetzt appelliert der NABU an Katzenhalter, an die Rückkehr der Zugvögel im nächsten Frühjahr zu denken. Sie sollten dann ihren Stubentiger in den Morgenstunden nicht unbeaufsichtigt ins Freie lassen. Dann machen Katzen Jagd auf Jungvögel.
Für mehr Infos: nabu.de