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Interview mit Sally Özcan von „Sallys Welt“

XY

Sally Özcan ist mit ihren Back- und Kochvideos eine feste Größe in der Food-Welt. © Boris Breuer

Die Unternehmerin spricht über ihr „Sallycon Valley“

„Willkommen, alverde“ prangt schon von Weitem auf dem riesigen Monitor, der an der Außenfassade des „Sallycon Valley“ angebracht ist. Mit dem neu erbauten Gebäudekomplex hat sich Sally Özcan von „Sallys Welt“ ein kreatives Zentrum geschaffen und gleichermaßen einen Traum erfüllt, ganz unter dem Motto: Je größer der Teich, desto größer die Fische. Nicht umsonst spielt der Name des Gebäudes auf den berühmten Silicon Valley in Kalifornien an – hier sind Mega-Konzerne wie Apple und Google groß geworden. Größenwahnsinnig wirkt die 36-Jährige allerdings nicht, im Gegenteil: Auch sie staunt noch oft genug, wenn sie realisiert, was sie bisher erreicht hat.

alverde: Als Sie 2012 Ihr erstes Back-Video hochgeladen haben, wollten Sie gerade als Lehrerin durchstarten. Wie kam es dazu, dass Sie dem Lehrerdasein den Rücken gekehrt und sich für YouTube entschieden haben?

Sally Özcan: Zunächst waren die Videos eine Notlösung für mich. Die Stelle, auf die ich mich als Lehrerin bewerben wollte, war nicht frei. Ich habe mich dann meinen Backvideos gewidmet, die schnell an Reichweite und Popularität gewonnen haben. Ich dachte immer: Ein paar Monate machst Du das noch, und dann steigst Du zum nächsten Schuljahr als Lehrerin ein. Vier Jahre später habe ich dann meine ersten Mitarbeiter eingestellt, da wusste ich: Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Rückblickend war das wie ein Schneeball, der mit der Zeit immer größer und größer wurde.

alverde: Jetzt beschäftigen Sie über 100 Mitarbeitende. Wie gehen Sie mit dieser wachsenden Verantwortung und dem damit verbundenen Druck um?

Sally Özcan: Mir ist bewusst, dass alles an mir als Person hängt, die Marke trägt meinen Namen. In den letzten Jahren habe ich aber gemerkt, wie wichtig es ist, auf mein Bauchgefühl zu hören. Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, habe mir oft von anderen reinreden lassen. Meine Interessen habe ich dann zurückgestellt – das war nicht immer die beste Entscheidung. Jetzt weiß ich, dass ich mich auf mein Bauchgefühl und meine Menschenkenntnis verlassen kann. Als Führungskraft musst Du nicht immer autoritär sein. Man muss herzlich und warm sein, dann kommt die Achtung anderer ganz automatisch.

alverde: Wie strukturieren Sie sich im Arbeitsalltag – gibt es feste Tage, an denen Sie Videos produzieren?

Sally Özcan: Einen typischen Arbeitsalltag gibt es bei mir nicht. Oft arbeiten wir blockweise, je nachdem, welches Projekt gerade anfällt. Aktuell arbeiten wir gerade vier Wochen am Stück an meinem neuen Backbuch „Sallys Lieblingsrezepte“, dann wieder zwei Wochen lang Herbstvideos, parallel an Weihnachtsrezepten. Mir ist wichtig, Spontaneität zu bewahren, auch mal Trends auszuprobieren und neue Ideen umzusetzen. Das Schöne ist, dass mein Team da immer mitmacht, auch wenn sich plötzlich Pläne ändern.

alverde: Das Internet ist voll von Koch- und Backcontent. Warum sind Sie damit seit Jahren so erfolgreich?

Sally Özcan: Ich habe den langen Atem. Und ich versuche, immer alles zu bedienen. Erst kam der eigene Blog, dann Pinterest, Instagram und TikTok. Später auch meine eigene App, mein Newsletter. Snapchat hatte ich auch für kurze Zeit. Ich bin auf keiner Plattform die Allergrößte, mir ist es wichtiger, breit zu streuen. Und das ist schlussendlich das, was sich auszahlt. Mein erstes Video war ein Nusszopf-Rezept. Fast 13 Jahre später wird das Video immer noch tausendfach angeklickt. Die Menschen backen den Zopf nach, weil er zeitlos ist und mein Rezept funktioniert.

Portraits von XY

"Privat bin ich am liebsten offline und genieße die Zeit mit meinen Kindern", sagt Sally Özcan © Boris Breuer

alverde: Das erfordert Anpassungsfähigkeit, gerade in einer digitalen Umgebung, die sich wahnsinnig schnell wandelt.

Sally Özcan: Absolut – so, wie ich vor zwölf Jahren gearbeitet habe, ist das heute nicht mehr möglich. Man braucht ein Gespür dafür, welcher Content sich für die verschiedenen Plattformen eignet. Und auch ich habe da zahlreiche Rückschläge erlebt. Ich sage dann aber: Hat nicht funktioniert, dann versuchen wir etwas anderes. Ohne Durchhaltevermögen geht es nicht, denn Erfolg kommt nicht von heute auf morgen.

alverde: Was kommt bei Ihnen nach Feierabend privat auf den Teller?

Sally Özcan: Ich habe immer Gemüse im Kühlschrank, und das ist auch mein Lieblingsessen, wenn es schnell gehen muss: Kartoffeln, Gemüse und etwas Skyr. Hauptsache gesund, schnell und es schmeckt allen. Das Gesundheitsbewusstsein habe ich von meinen Eltern. Bei uns gab es früher immer frischen Salat, Gemüse und Kräuter, und das zu jeder Mahlzeit.

alverde: Ihre Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland gekommen, für Ihren Vater ist Tradition wichtig. Ihr Werdegang dagegen ist eher unkonventionell. Wie steht er dazu?

Sally Özcan: Natürlich waren meine Eltern ein wenig traurig, als ich aufgehört habe, Lehrerin zu sein. Jetzt sind sie aber total stolz auf mich, weil sie sehen, was ich mir aufgebaut habe und wie viele Menschen hier arbeiten. Die beiden sagen auch immer: „Du bist ja eigentlich immer noch Lehrerin, nur online.“ Ich erkläre viel, informiere, zeige Menschen, wie man kocht und backt – das ist nicht weit von dem entfernt, was ich ursprünglich gelernt habe.

alverde: Fernab von Reichweite, Klicks und Likes – wie definieren Sie Erfolg für sich?

Sally Özcan: Ich kann jeden Tag das tun, was ich liebe, und Menschen dabei noch glücklich machen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, und das weiß ich zu schätzen. Denn Erfolg bedeutet auch, ungezwungen zu sein, alles tun zu können, aber nicht zu müssen.

alverde: Was tun Sie in privaten Momenten, an denen niemand teilhaben kann?

Sally Özcan: Bei Personen, die so in der Öffentlichkeit stehen wie ich, erweckt es oft den Anschein, ich würde meinen ganzen Alltag, mein ganzes Leben teilen. Das sind allerdings nur Bruchteile davon. Was viele von mir gar nicht denken würden: Ich bin kaum auf Social Media unterwegs und verbringe nur wenig Zeit am Smartphone. Ich bin privat einfach gerne offline und genieße dann die Zeit mit meinen Kindern.

alverde: Ist Neuanfang für Sie eine Chance oder ein Risiko?

Sally Özcan: Immer eine Chance. Niemand muss sich mit einem Leben zufrieden geben, das einen nicht zu 100 Prozent erfüllt. Natürlich weiß man nie, was nach einer großen Entscheidung kommt, ob es gutgeht oder schiefläuft. Ich würde mich dennoch immer für den Neuanfang entscheiden, egal, wie chancenlos er zu Beginn scheint. Das hat mich auch die Zusammenarbeit mit dem Kinderhospiz in den letzten Jahren gelehrt. Es ist so wichtig, seine Zeit sinnstiftend zu nutzen und das Beste aus seinem Leben herauszuholen. Insbesondere dann, wenn man das Privileg hat, gesund zu sein.

alverde: Wenn Sie jetzt wieder Lehrerin sein könnten, was würden Sie Kindern gerne vermitteln?

Sally Özcan: Dass sie ihr Leben selbstständig und autonom führen sollen. Man darf sich im Leben auf nichts und niemanden verlassen. In jungen Jahren macht man sich oft von anderen Menschen abhängig, emotional oder auch finanziell. Je älter ich werde, desto mehr weiß ich auch, was ich vom Leben will. Ich finde, Glück kommt auch mit Unabhängigkeit, und das würde ich Kindern gerne mitgeben. Wenn man nicht alles ausprobiert, woher soll man dann wissen, was einen glücklich macht?

„Ich tue jeden Tag das, was ich liebe, und kann dabei andere Menschen inspirieren.“

Saliha „Sally“ Özcan

Als eine der erfolgreichsten deutschen Content-Creatorinnen im Food-Bereich verzeichnet Sally Özcan mit ihrem Kanal „Sallys Welt“ über zwei Millionen Follower auf der Video-Plattform YouTube. 2012 startete sie mit Torten- und Backvideos und einer einfachen Digicam. Inzwischen hat sich die 36-Jährige im baden-württembergischen Waghäusel ein kreatives Zentrum mit Show-Küche und über 100 Mitarbeitenden aufgebaut. Als Mutter von zwei Töchtern engagiert sie sich zudem für den Bundesverband Kinderhospiz.

Drei Dinge über Sally Özcan

  1. Während unseres alverde-Shootings sorgt die Musik von ABBA für Stimmung – eine ihrer absoluten Lieblingsbands.

  2. Drei Backzutaten, ohne die sie nicht kann: Vanille-Extrakt, Tonkabohne und Zitrone.

  3. Sie schätzt Ehrlichkeit und Loyalität bei anderen am meisten. Besonders an Tagen, an denen die Dinge mal nicht so rund laufen.

Ende der Auflistung

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