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Künstliche Intelligenz im Naturschutz

Junges auf Graslandschaft

Fotos wie dieses sind nicht nur süß, sie haben eine wichtige Aufgabe im Naturschutz. ¹⁾

Maschinelles Lernen hilft beim Daten auswerten

Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine bestimmte Hyäne in einem Rudel mit 100 Tieren wiedererkennen. Was im Naturschutz selbst die geduldigsten Menschen auf die Probe stellt, erleichtert nun künstliche Intelligenz.

„Im Reich der Tiefe“, „Mystische Tiere im Paradies“, oder „Geheimnisse des Regenwalds“: Titel von Naturdokumentationen klingen oft nach Entdeckungsreise. Zugegeben, der Beruf eines Biologen kann etwas Abenteuerhaftes haben. Doch in (fremde) Länder reisen und wilde Tiere live beobachten ist für Biologen oder Naturschützer keineswegs Alltag. Ein Großteil ihrer Arbeit findet vor dem Computer statt: Indem sie sich durch eine schier endlose Liste von Bildern klicken, aufgenommen von Kamerafallen und oft in schlechter Qualität. 

Naturschutz im Wandel 

Genau hier kann künstliche Intelligenz (KI) ansetzen – oder konkreter: maschinelles Lernen (ML). „Das macht es viel einfacher, Daten zu sammeln und zu analysieren. Durch KI hat sich unsere Arbeitsweise nachhaltig verändert“, berichtet Arnaud Lyet von der Naturschutzorganisation WWF. Er ist führender Spezialist für die KI-gestützte Kartierung und Überwachung von Biodiversität. Und so erzählt er, dass Algorithmen Tiere zählen, Individuen erkennen und Laufwege ausloten können – und das schnell und effizient. Denn die Programme können in kurzer Zeit riesige Datensätze auswerten, und von denen gibt es auch im Naturschutz immer mehr. Laut Arnaud Lyet schlummern in diesen Datensätzen noch viele weitere „versteckte“ Informationen. 

Solche, für deren Auswertung aktuelle Algorithmen schlicht noch nicht trainiert sind. Zukünftig könnten dieselben Daten beispielsweise auch Auskunft zur Pflanzenwelt geben. 

„KI hat ein riesiges Potenzial im Naturschutz und bringt viel Positives mit.“ Arnaud Lyet, WWF

Collage aus Tieren in der Natur

Klick, klick: Wildtierkameras lösen automatisch aus, sobald sie eine Bewegung erkennen. ²⁾

International und kollaborativ – KI für alle 

Ein Vorreiter, bei dem KI und Naturschutz schon jetzt ein gutes Team bilden, ist das Projekt Wildlife Insights. Von Google und Naturschutzorganisationen 2019 ins Leben gerufen, übernimmt die Plattform die Auswertung von Datensätzen. Dafür wird Bildmaterial von Kamerafallen auf einer Plattform hochgeladen und je nach Aufgabenstellung ausgewertet. Das Besondere? Jeder, der eine Kamerafalle und Zugang zum Internet besitzt, kann mitmachen – und das von überall. Weil Google die IT-Infrastruktur stellt und Behörden sowie Naturschutzorganisationen aus vielen Ländern Beiträge zahlen, ist das Programm für private Nutzer kostenlos. 

Laut Arnaud Lyet sind die Möglichkeiten von KI im Naturschutz noch lange nicht ausgeschöpft. Dem stimmt auch Christian Schneider zu, Leiter des Fachgebiets Strategische Digitalisierung in Natur und Gesellschaft beim Bundesamt für Naturschutz (BfN). Er sieht drei Möglichkeiten der KI-Nutzung im Naturschutz: 

  1. Erfassung und Auswertung von Biodiversität, wie etwa bei Wildlife Insights

  2. Modellierung von Lebensräumen, die speziell angesichts schrumpfender Lebensräume und steigender Temperaturen immer bedeutender wird. 

  3. Bewertung von Risiken für bestimmte Regionen oder Tiere durch die Zusammenführung von Biodaten. 

Durch Fortschritte in der Bild- und Tonerkennung gibt es speziell auf der Ebene der Erfassung und Auswertung schon viele Angebote. Komplexe Modellierungen und Risikobewertungen stecken dagegen noch in den Kinderschuhen. Sie sind aufgrund der Menge und Unterschiedlichkeit von Informationen zum jetzigen Zeitpunkt schlicht noch eine große technische Herausforderung. 

„Durch KI sind wir flexibler und können schneller auf Erkenntnisse reagieren.“ Christian Schneider, BfN

Mehr Naturfreunde dank KI

„Der Naturschutz hat ein Problem: Es gibt immer weniger Experten für lokale Tier- und Pflanzenarten“, weiß Christian Schneider. Damit sind nicht nur die studierten Biologen gemeint, sondern genauso ehrenamtliche Experten und engagierte Hobbykundler, die sich im lokalen Naturkundemuseum oder Fachverband engagieren. Hier kann die KI auf zwei Weisen helfen. Zum einen, indem sie die vielen einfach zu bestimmenden Arten identifiziert und komplexere Analysen den Experten überlässt – das entlastet. Zum anderenm, indem sie die Bestimmung von Pflanzen und Tieren erleichtert – das macht neugierig. 

Wildkamera am Baum aufgehängt

Die Kameras sind oft das beste Mittel, Einblicke in den tierischen Alltag zu bekommen. ³⁾

Mit Letzterem meint Christian Schneider vor allem öffentlich finanzierte Apps wie Flora Incognita oder BirdNET. Im Falle von Flora Incognita können Nutzer Pflanzen fotografieren und einfach bestimmen lassen. Die App verrät dann nicht nur den Namen, sondern gibt weiterführende Informationen, etwa wozu sich die Pflanze nutzen lässt. Mit jeder neuen Suchanfrage werden die Programme besser im Erkennen unterschiedlicher Pflanzenarten. Gleichzeitig trägt jede Identifikation in der Natur dazu bei, einen besseren Überblick über die Biodiversität in Deutschland zu bekommen. 

„Bei Apps wie Flora Incognita kommen zu Hochzeiten bis zu 600.000 Anfragen pro Tag auf.“ Christian Schneider, BfN