Sie bringt KI ins Gespräch

Renate Schneiders Erfahrungen als Arbeitspsychologin und die Präsenz als Model helfen heute bei ihren KI-Workshops. © Nicole Franke
Susanne Renate Schneider hilft anderen, künstliche Intelligenz im Alltag zu nutzen
Dank ChatGPT hat sich die Psychologin Susanne Renate Schneider beruflich neu erfunden. Als KI-Coach hilft sie nun anderen, künstliche Intelligenz im Alltag zu nutzen. Bei allen Erläuterungen und Tipps stellt sie sich die Frage: „Wie würde ich das meiner Oma erklären?“
Wenn bei Präsentationen der Beamer ausfällt oder das Mikrofon nicht mitmacht, heißt es schnell: „Sie kennen sich ja aus mit der Technik.“ Eine Erwartung, die Susanne Renate Schneider enttäuschen muss. Die 30-Jährige ist weder Technik-Freak noch Computer-Nerd. Muss sie auch nicht sein: „Ein gutes Sprachverständnis ist oft hilfreicher als klassische IT-Kenntnisse, um KI effektiv zu nutzen.“ Susanne Renate Schneider hat sich autodidaktisch in die neue Welt der generativen KI eingefuchst. „Wenn mir vor zwei Jahren jemand erzählt hätte, dass ich heute als KI-Coach arbeite – ich hätte es nicht geglaubt“, sagt sie und merkt doch, dass in ihrer aktuellen Aufgabe viele Lebensfäden zusammenlaufen.
Früher Schritt in die Selbstständigkeit
Da ist einmal ihre Oma Renate. Zu beiden Großmüttern hat die KI-Expertin ein enges Verhältnis, aber an Renate beeindruckte sie, dass diese ein Ingenieurstudium absolvierte, als das auch in der DDR für Frauen alles andere als üblich war. „Sie ist ihrer Neigung gefolgt und bis heute offen für Neues geblieben.“ Der zweite Faden ist die Psychologie. Als Susanne Renate Schneider ihr Studium in Jena begann, war ihr schnell klar, dass sie Menschen am liebsten in deren Alltag unterstützen wollte. Das führte sie zur Arbeitspsychologie. Und weil sie unter anderem durch Model-Jobs im Studium das freiberufliche Arbeiten schätzen gelernt hatte, machte sie sich selbstständig und zog nach Berlin.
„Als Selbstständige muss man neben seiner eigentlichen Passion zig Dinge machen, die man nur zu 70 Prozent beherrscht“, sagt Susanne Renate Schneider. Als 2023 die generative KI ChatGPT für alle zugänglich wurde, probierte die Psychologin aus, ob sie ein geeignetes Hilfsmittel sein könnte. Sie erkannte, dass sie durch immer gezieltere Prompts (die Fragen und Aufträge an eine KI) beeindruckend bessere Ergebnisse bekam. „Ich saß im ersten halben Jahr oft bis drei Uhr nachts am Rechner und habe alles über KI gelesen. Mir war plötzlich klar, dass das mein Thema ist.“ Sie startete einen Account auf Instagram und TikTok. Ihre Tipps entwickelten sich zu Hits auf Social Media. Heute (Stand Januar 2025) hat renate.GPT auf Instagram 80.000 Follower. Ein Verlag klopfte an und Susanne Renate Schneider schrieb ihr erstes Buch, eine Einführung in KI. Auch mithilfe von KI? „Ich habe ChatGPT vor allem genutzt, um meine Gedanken zu ordnen und das Buch gut zu strukturieren“, sagt die Autorin offen.
Risiken benennen, Chancen nutzen
So niedrigschwellig wie auf Social Media gestaltet Susanne Renate Schneider ihre KI-Workshops in Unternehmen. Sie trifft dabei auch auf Menschen, die skeptisch sind, ob KI gerade in ihrem Aufgabenfeld nützlich sein kann, und solche, die befürchten, dass KI sie bald ersetzen wird. „Ich schaue konkret mit dem Team, welche Aufgaben nerven oder viel Zeit kosten und mit KI effizienter bewältigt werden können, um mehr Freiraum für das Wesentliche zu haben“, erklärt die Psychologin. „Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass KI uns nicht die Jobs wegnimmt, sondern dass wir mit ihr die Arbeit besser gestalten können.“ In ihrer zuversichtlichen Grundhaltung ignoriert sie nicht die Probleme, vom Energieverbrauch über Datenschutz bis zur Versuchung, KI als Freund zu sehen. Susanne Renate Schneider lässt ChatGPT etwa manchmal im sächsischen Dialekt mit ihr sprechen – das weckt sofort Heimatgefühle. Aber noch lieber ruft sie ihre sächselnde Oma Renate an.





