Erste Hilfe am Kind – wie Eltern ihren Kindern in Notsituationen helfen können

Gerade bei Kleinkindern ist die Verletzungsgefahr sehr hoch. Bei der Ersten Hilfe am Kind gibt es vieles zu beachten. © simarik, iStock
Kinder sind Abenteurer und wollen ihre Welt entdecken – dabei kommt es schnell zu kleineren oder größeren Unfällen, die in der Regel meist glimpflich ausgehen. Manchmal führen diese Unfälle aber auch zu schwerwiegenderen Verletzungen. Wichtig für Eltern ist dann, zu wissen, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen erforderlich sind und wann der Rettungsdienst gerufen werden muss.
Wie bereite ich mich auf Notsituationen vor?
So schwer es fällt, das eigene Kind schreien und leiden zu sehen – Du hilfst Deinem Kind am meisten, wenn Du einen kühlen Kopf bewahrst. Ruhig zu bleiben in Notsituationen, das will gelernt sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Deshalb empfiehlt es sich, entsprechende Erste-Hilfe-Kurse für Eltern zu besuchen und einen Erste-Hilfe-Kasten parat zu haben. Zudem gibt es Bücher, die Erste-Hilfe-Techniken speziell für Kinder anschaulich erläutern. Sich auf Notsituationen vorzubereiten bedeutet ebenso, alle wichtigen Telefonnummern im Smartphone einzuspeichern und diese am besten auch noch zuhause neben das Festnetztelefon zu legen. Folgende Nummern gehören auf diese Liste:
- Nummer des Kinderarztes
- Nummer des Notarztes
- Nummer der Giftnotrufzentrale
- Nummer des Partners
- eigene Nummer (die eigene Nummer fragt der Rettungsdienst ab und die vergisst man bei all der Aufregung gerne mal)
Was soll ich tun, wenn sich mein Kind verbrannt oder verbrüht hat?
Ein neugieriger Griff auf die heiße Herdplatte, ein verschütteter Tee: Kleine Verbrennungen sind bei Kindern schnell passiert. Besonders Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren sind gefährdet. Bei ihnen gehören Verbrennungen und Verbrühungen zu den häufigsten Unfällen.
Da Säuglinge und Kleinkinder eine größere Körperoberfläche im Verhältnis zum Körpergewicht haben und ihre Haut noch sehr dünn ist, sind Verbrennungen meist schwerwiegender als bei Erwachsenen. Wichtig ist daher, den Grad der Verbrennung zu erkennen und entsprechend zu handeln:
- Verbrennungen 1. Grades: Hautrötungen und Schwellungen
- Verbrennungen 2. Grades: Hautrötung und Blasenbildung
- Verbrennungen 3. Grades: weiß-gräuliche Hautfärbung, dabei oft keine Schmerzen
Bei allen Verbrennungsgraden ist das sofortige Kühlen der Brandwunde die oberste Prämisse für die Erste Hilfe am Kind. Dazu die betroffene Stelle etwa 10 bis 20 Minuten unter fließendes, handwarmes Wasser halten. Dabei gilt: Je kleiner Dein Kind und je größer die Verbrennung, desto wärmer sollte das Wasser und desto kürzer die Kühlung sein, damit es nicht zu einer Unterkühlung kommt. Wenn Dein Kind zu frieren beginnt, musst Du sofort aufhören, die Verbrennung oder Verbrühung zu kühlen.
Bei Verbrennungen 2. und 3. Grades solltest Du mit Deinem Kind unbedingt einen Arzt aufsuchen und bei großflächigen Verbrennungen auf jeden Fall direkt den Rettungsdienst rufen.
Was tun bei Vergiftungen?
Hat Dein Kind giftige Flüssigkeiten (z.B. Reinigungsmittel, Pflanzendünger), giftige Pflanzenteile oder Medikamente geschluckt, solltest Du direkt die Giftnotrufzentrale kontaktieren. Die Nummer der entsprechenden Giftnotrufzentrale findest Du hier. Die Experten am Telefon benötigen so viele Informationen wie möglich zur Vergiftung: Was, wieviel und wann wurde eingenommen sowie Alter, Gewicht und Zustand des Kindes. Du kennst die einzelnen Substanzen und kannst einschätzen, ob einfache Hilfsmaßnahmen zu Hause genügen oder ob Du besser einen Notarzt rufst, um Dein Kind im Krankenhaus behandeln zu lassen. Bringe Dein Kind auf keinen Fall ohne ärztliche Anweisung zum Erbrechen: Hat es eine ätzende Flüssigkeit zu sich genommen, gelangt diese beim Erbrechen zum zweiten Mal in Speiseröhre und Rachenraum und richtet noch mehr Schaden an.
Tipp:
dm hat vielen Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln seiner Marke denkmit den Stoff Bitrex zugesetzt. Er schmeckt extrem bitter und bewirkt, dass Kinder die Substanzen schnell wieder ausspucken und kein zweites Mal probieren. Achte auf das Bitrex-Logo auf der Verpackung!
Die richtige Reaktion bei verschluckten Kleinteilen
Säuglinge und Kleinkinder lieben es, Dinge in den Mund zu nehmen und so ihre Welt zu entdecken. Ist der Gegenstand allerdings zu klein, kann er verschluckt werden und in der Luftröhre stecken bleiben.
Ob im Baby- oder Kleinkindalter, viele Fremdkörper kann das Kind selbst abhusten. Solange das Kind noch atmen und husten kann, solltest Du nicht auf den Rücken klopfen, da das Kleinteil sonst noch tiefer verschluckt werden kann. Ist ein effektiver Hustenstoß nicht mehr möglich, lege Dein Kind bäuchlings über Deinen Oberschenkel und klopfe ihm bis zu fünf Mal kräftig mit der flachen Hand zwischen die Schulterblätter. Achte darauf, dass der Kopf tiefer liegt als der Bauch. Beim Baby müssen dabei unbedingt Kopf und Bauch stabilisiert werden. Wähle umgehend den Notruf.
Was sind die wichtigsten Maßnahmen bei Wespen- oder Bienenstichen?
Wurde Dein Kind von einer Biene gestochen, entferne den Stachel möglichst schnell. Am besten schiebst Du ihn mit Deinem Daumennagel aus der Haut und legst danach eine halbierte Speisezwiebel mit der Schnittfläche auf die Wunde, bis der Schmerz nachlässt. Bei Wespen- oder Bienenstichen im Mundraum ist schnelle Hilfe geboten. Lasse Dein Kind einen Eiswürfel lutschen, das hilft, die Schwellung abzumildern. Befindet sich der Stich allerdings in der Nähe des Rachens, rufe direkt den Notarzt an, da die Schwellung zu akuter Atemnot führen kann.
Tritt in Folge eines Wespen- oder Bienenstiches eine allergische Reaktion auf, solltest Du ebenfalls sofort den Notarzt rufen. An Symptomen wie Atemnot, kalter Schweiß, Erbrechen, Quaddelbildung und einem starken Anschwellen des Insektenstichs kannst Du eine allergische Reaktion erkennen.
Der richtige Umgang mit Wunden
Egal ob Schürf-, Schnitt- oder Bisswunden - trage bei der Wundreinigung und -versorgung am besten Einmalhandschuhe. Und falls Dein Kind noch nicht gegen Tetanus geimpft ist, lasse den Arzt das schnellstmöglich nachholen.
Schürfwunden
Nach Stürzen ist meist die oberste Hautschicht abgeschürft. Das tut weh, ist aber in der Regel nicht weiter schlimm. Schürfwunden heilen recht schnell und am besten ohne Verband. Ist Dreck in die Wunde gelangt, wasche die Wunde zuerst mit lauwarmem Wasser aus und desinfiziere diese danach gründlich. Auf größere Schürfwunden legst Du eine Kompresse, die mit einer Mullbinde fixiert wird.
Schnittwunden
Schnittwunden bluten meist stärker, müssen dafür nicht mit einem Desinfektionsmittel versorgt werden. Denn durch die Blutung wird der Schmutz ausgespült. Es reicht in der Regel, wenn Du ein Pflaster darauf klebst. Große Schnittwunden, die stark bluten, solltest Du mit einer sterilen Kompresse versorgen und dann damit zum Arzt gehen. Scherben oder Splitter lässt Du am besten bis zur Versorgung durch den Arzt in der Wunde.
Bisswunden
Bei Bissverletzungen besteht, unabhängig davon wie groß und an welcher Körperstelle diese sind, grundsätzlich die Gefahr von Infektionen. Deshalb solltest Du damit immer einen Arzt aufsuchen. Je schneller, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass keine weiteren Probleme auftreten. Als Erste-Hilfe-Maßnahme vor dem Arztbesuch kannst Du die Wunde unter fließendem Wasser reinigen und anschließend desinfizieren. Reicht bei kleineren Wunden ein Pflaster, bedarf es bei größeren einer Mullkompresse oder einer sterilen Auflage.
Was tun bei Stromunfällen?
Kommt es zu einem Elektrounfall, muss zuerst das Kind von der Stromquelle getrennt werden. Erst dann können weitere Rettungsmaßnahmen erfolgen. Also, sofort Stecker ziehen oder Sicherung ausschalten. Klappt das nicht, dann mit einem nichtleitenden Gegenstand aus Holz, Gummi oder Glas wie beispielsweise einem Besen oder Plastikstiel das Kind von der Stromquelle trennen. Denn bei einem elektrischen Schlag „klebt“ das Kind regelrecht an der Stromquelle fest. Ganz wichtig dabei: Fasse keinesfalls Dein Kind an, sonst erhältst Du ebenfalls einen Stromschlag und kannst dann Deinem Kind nicht mehr helfen. In solchen Fällen immer sofort den Notarzt rufen oder einen Arzt aufsuchen, da ein Stromunfall innere Verbrennungen wie auch Organschäden zur Folge haben kann. Atmet Dein Kind nicht mehr oder ist ein Herzstillstand eingetreten, muss es mittels Mund-zu-Mund-und-Nase-Beatmung beziehungsweise einer Herzmassage sofort wiederbelebt werden. Ist Dein Kind bei Bewusstsein, lege es mit erhöht gelagerten Beinen flach auf den Boden. Kühle die Ein- und Austrittstellen des Stroms am Körper für zehn bis 15 Minuten mit kaltem Wasser und decke diese mit Verbandsstoff ab.
Wie handle ich bei Bewusstlosigkeit meines Kindes?
Von Bewusstlosigkeit spricht man, wenn ein Kind weder auf Berührung reagiert noch ansprechbar ist - Atmung und Herzfrequenz hingegen wahrnehmbar sind. In einem solchem Fall solltest Du Kleinkinder in die stabile Bauchlage und Kinder ab dem Schulalter in die stabile Seitenlage bringen. Diese Erste Hilfe am Kind ermöglicht es, die Atemwege offen zu halten und verhindert so ein Ersticken an Erbrochenem, Blut oder Schleim.
Und so funktionieren die beiden Methoden, die jeweils in den Erste-Hilfe-Kursen gezeigt und erlernt werden:
Stabile Seitenlage bei Kindern im Schulalter:
- Knie seitlich neben Deinem Kind und lege den Dir zugewandten Arm rechtwinkelig zum Körper, die Handinnenfläche dieses Armes zeigt dabei nach oben.
- Lege den gegenüber liegenden Arm über den Brustkorb und halte den Handrücken gegen die Dir zugewandte Wange Deines Kindes.
- Mit Deiner anderen Hand greifst Du das gegenüberliegende Bein knapp über dem Knie und ziehst es hoch, wobei der Fuß auf dem Boden bleibt.
- Während Du die Hand Deines Kindes weiterhin gegen die Wange gedrückt hältst, ziehe am entfernt liegenden Bein, um Dein Kind zu Dir heran auf die Seite zu rollen.
- Das obere Bein Deines Kindes sollte in Knie- und Hüftgelenk rechtwinklig gebeugt sein.
- Jetzt wird der Kopf Deines Kindes leicht nach hinten überstreckt, um die Atemwege offen zu halten.
- Das Gesicht Deines Kindes sollte nach unten gerichtet sein, um den Abfluss von Blut und Erbrochenem zu ermöglichen.
Stabile Bauchlage bei Kleinkindern:
- Das Kind in Bauchlage auf eine warme Unterlage legen.
- Den Kopf des Kindes zur Seite drehen und leicht in den Nacken legen.
- Den Mund des Kindes öffnen.
- Bei einer Bewusstlosigkeit bei Kindern, vor allem bei kleinen Kindern, rufe bitte umgehend den Notarzt.
Was bieten Erste-Hilfe-Kurse?
Die geschilderten Unfallszenarien und die beschriebenen Hilfsmaßnahmen sollen vor allem das Verständnis für die Wichtigkeit von Erster Hilfe am Kind wecken. Sie sind ein Einstieg in ein Thema, mit dem sich Eltern wie Aufsichtspersonen intensiv auseinandersetzen sollten. Um die Ruhe in Notsituationen bewahren und um vor allem die notwendige Hilfe leisten zu können, ist eine gezielte Vorbereitung notwendig. Dafür bieten sich Erste-Hilfe-Kurse speziell für Eltern an. Hierfür gibt es zahlreiche Anbieter, unter anderem Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Malteser, der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) oder die Johanniter, die solche Kurse in vielen Städten und Gemeinden anbieten. Sicherlich lassen sich solche Kurse für Erste Hilfe am Kind auch privat organisieren, wenn mehrere Eltern gemeinsam eine entsprechend ausgebildete Trainerin oder Trainer engagieren.
Dein glückskind-Team ♥