HauptnavigationKategorienavigationHauptinhalt

Frühchen: Entwicklung des Kindes bei Frühgeburt

Neugeborenes wird von behandschuhter Hand versorgt

Kommt ein Kind zu früh auf die Welt, benötigt es professionelle medizinische Unterstützung und viel elterliche Fürsorge. Die Kindesentwicklung bei Frühgeburten verläuft meist etwas langsamer, aber in den meisten Fällen holen die Kinder schnell auf. Hier erfährst Du, welche die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von Frühchen sind. 

Wann gilt ein Baby als Frühchen? 

Von einer Frühgeburt spricht man bei Geburten, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche erfolgen oder eingeleitet werden. Der Zeitpunkt der Geburt ist entscheidend für die Entwicklung des Frühchens und die erforderlichen medizinischen Maßnahmen. Die Organe von Frühgeborenen sind aufgrund der zu geringen Zeit im Mutterleib noch nicht komplett ausgereift. Das unterscheidet sie maßgeblich von zarten oder sehr kleinen Babys, die als termingeboren gelten. 

Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen bzw. 280 Tage. Da sich nicht bei allen Frauen der Termin des Eisprungs bestimmen lässt, wird grundsätzlich der erste Tag der letzten Menstruation zur Berechnung des Geburtstermins herangezogen. Nur etwa vier Prozent aller Kinder werden tatsächlich am errechneten Geburtstermin geboren. Ungefähr 90 Prozent der Kinder erblicken bis zu drei Wochen vor oder zwei Wochen nach der Vollendung der 40. Schwangerschaftswoche (SSW) das Licht der Welt – gelten dann aber ebenfalls als termingeboren. Die Ursachen für eine Frühgeburt können ganz unterschiedlicher Art sein. 

Frühchen: Entwicklung & Geburtsgewicht 

Von den rund 53.000 Frühgeburten in Deutschland pro Jahr (2023), das entsprach 7,87 % aller Geburten im Jahr 2023 in Deutschland und davon sind die meisten sogenannte späte Frühgeburten. Nur etwa 1,2 % aller Geburten gehören zu den extrem frühen oder sehr frühen Frühgeburten, bei denen die Kinder vor der vollendeten 32. SSW auf die Welt kommen. Die Überlebenschancen für Frühgeborene haben sich in Deutschland in den letzten Jahrzehnten immer mehr verbessert. Um diese Chancen und die Risiken für Komplikationen einzuschätzen, werden Frühchen je nach Schwangerschaftsdauer (Gestationsalter) und Gewicht in drei Gruppen eingeteilt. 

Frühchen Gewichtstabelle

Gruppen 

Geburtsgewicht 

Zeitpunkt der Geburt 

Frühchen mit einem extrem niedrigeren Geburtsgewicht 

weniger als 1.000 Gramm 

vor der vollendeten 29. SSW 

Frühgeborene mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht 

weniger als 1.500 Gramm 

nach der vollendeten 28. SSW und vor der vollendeten 32. SSW 

Mäßig Frühgeborene 

weniger als 2.000 Gramm 

nach der vollendeten 32. SSW und vor der vollendeten 34. SSW 

späte Frühgeborene 

weniger als 2.500 Gramm 

nach der vollendeten 34. SSW und vor der vollendeten 37. SSW 

Die Gewichtszunahme bei Frühgeborenen ist wie bei termingeborenen Babys ein wichtiger Indikator für die Entwicklung. Daher werden sie täglich gewogen.

Kommt ein Baby in oder nach der 38. Schwangerschaftswoche zur Welt, gilt es nicht mehr als Frühchen. Die Entwicklung von Lunge, Leber, Augen, Ohren und anderen bei Frühchen kritischen Organen ist nun so weit fortgeschritten, dass diese Neugeborenen im Normalfall keine medizinische Unterstützung mehr benötigen. 

Untergewichtige termingeborene Babys 

Säuglinge, die nach der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, aber ein Geburtsgewicht von unter 2.500 Gramm aufweisen, werden als medizinische Frühgeburt bezeichnet. Ihr tatsächlicher Entwicklungsstand kann aufgrund des Untergewichts verzögert sein. Das niedrige Gewicht kann verschiedene Ursachen haben.

glückskind-Tipp ★ Auch für die Mütter von medizinisch Frühgeborenen gelten die verlängerten Mutterschutzfristen, die im Falle einer Frühgeburt vor der 37. SSW eintreten.

Größe und Gewicht eines Babys entwickeln sich mit fortschreitender Schwangerschaft sehr individuell. Gründe dafür sind unter anderem die Nährstoffversorgung im Mutterleib, aber auch genetische Anlagen. Wenn Dein Kind trotz einer termingerechten Geburt sehr zart und leicht ist, besteht kein Grund zur Besorgnis. Dein Arzt oder Deine Hebamme werden nach der Geburt die üblichen Tests durchführen und Dich bei Auffälligkeiten informieren. 

Entwicklung von Frühgeborenen 

Die Überlebenschancen von Frühchen haben sich durch die Entwicklung von Medikamenten, medizinischer Technologie und effektiver Behandlungsmethoden hierzulande enorm verbessert. Dennoch steigt mit jeder gewonnenen Woche im Mutterleib die Überlebenschance eines Babys stark an: 

  • Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 500 Gramm haben eine eher geringe Überlebenswahrscheinlichkeit von 20 bis 30 Prozent. Überleben diese Frühchen, sind Verhaltensauffälligkeiten und/oder körperliche Beeinträchtigungen keine Seltenheit. 

  • Bereits ab der vollendeten 23. Schwangerschaftswoche liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Frühchens in Deutschland bei intensiv-medizinischer Betreuung bei ungefähr 60 Prozent. 

  • Für Frühchen, die in der 24. bis 25. SSW geboren werden, gilt eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit von etwa 70 bis 85 Prozent. 

  • Ab der 28. SSW steigen die Überlebenschancen von Frühgeborenen auf ungefähr 95 Prozent

Je nachdem, wann es geboren wird, kommen auf Frühchen Spätfolgen in der Entwicklung zu, die schwerer oder weniger gravierend sein können.  

Bessere Chancen mit erfahrenen Ärzten 

Die Überlebenschancen und Risiken für Folgeschäden sind neben dem Reifegrad und Gewicht des Frühchens auch stark von der Erfahrung des behandelnden Ärzteteams abhängig. Je höher die Zahl der behandelten Kinder, desto erfahrene sind die behandelnden Ärzte im Umgang mit sogenannten Hochrisikopatienten. Das erhöht die Chance auf ein Überleben ohne Spätfolgen. Sofern es die Situation erlaubt, sollte die spontane oder indizierte Frühgeburt daher in einer spezialisierten Klinik (Perinatalzentrum) erfolgen. 

Entwicklungsrisiken bei Frühchen 

Durch die fortschrittliche medizinische Versorgung in Deutschland können viele gesundheitliche Probleme von Frühgeborenen inzwischen gut behandelt werden. Die häufigsten Probleme treten im Zusammenhang mit den noch unausgereiften Organen der Kinder auf: Die Organe werden zwar früh angelegt, sind aber erst rund um den regulären Geburtstermin nach 40 SSW vollständig entwickelt. Auch späte Frühchen, die früher nur als etwas kleinere Säuglinge angesehen wurden, können daher gesundheitliche Probleme haben.

Atemprobleme

Erst um die 35. bis 37. Schwangerschaftswoche ist die Lungenreife abgeschlossen. Das größte Problem bei der Entwicklung der anfangs sehr unreifen Frühgeborenen ist daher meist die selbstständige Atmung. Eine künstliche Beatmung kann notwendig werden. Zur Vorbeugung des sogenannten Atemnotsyndroms und dessen negativer Folgen kann die Lungenreifung bei einer drohenden Frühgeburt vor der SSW 34 + 0 durch zweimalige Medikamentengabe an die Mutter im Abstand von 24 Stunden beschleunigt werden. 

Hirnblutung

Ein weiteres großes Risiko für Frühchen vor der 32. SSW sind Hirnblutungen. Die Blutgefäße sind noch sehr empfindlich und können leicht reißen. Je nach Schweregrad können Hirnblutungen harmlos verlaufen, aber auch schwere Schäden verursachen. Frühgeborene werden daher auf der Frühgeborenenstation genau überwacht.

Eingeschränkte Funktionen weiterer Organe

Auch andere Organe funktionieren unter Umständen noch nicht vollständig. Die Nieren und der Darm der Frühgeborenen können je nach Gestationsalter Funktionseinschränkungen aufweisen. Netzhauterkrankungen gehören ebenfalls zu den typischen Problemen von Frühchen: Sie werden durch die notwendigerweise erhöhte Sauerstoffzufuhr bei der künstlichen Beatmung verursacht. Durch die noch unreife Leber entwickeln Frühgeborene außerdem häufig eine ausgeprägte Gelbsucht, die sich jedoch gut mit einer Lichttherapie behandeln lässt. Auch die Entwicklung des Gehirns kann durch die vorzeitige Geburt beeinträchtigt sein.

Schwaches Immunsystem

Frühchen verfügen über keine ausreichende Immunabwehr, sie haben ein erhöhtes Infektionsrisiko und normalerweise harmlose Infektionen können für sie lebensbedrohlich sein: Zum einen ist das Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift. Zum anderen fehlt der sogenannte "Nestschutz": Die mütterlichen Abwehrstoffe werden erst in den letzten Schwangerschaftswochen über Plazenta und Nabelschnur an das Baby weitergegeben. Kommt ein Kind vor Ende der 34. SSW zur Welt, sind die passiven Immunabwehrstoffe der Mutter nur teilweise oder noch gar nicht übertragen worden. Frühgeborene haben daher ein erhöhtes Infektionsrisiko: Normalerweise harmlose Infektionen können für sie lebensbedrohlich sein.

Um Infektionen vorzubeugen und das Immunsystem des Kindes zu stärken, werden in der Klinik zahlreiche Vorkehrungen getroffen: 

  • Höchste Hygienestandards: Damit so wenige Keime wie möglich auf der Station zirkulieren, gelten strenge Hygienemaßnahmen. 

  • Förderung des Stillens: Beim Stillen gibt die Mutter wichtige Antikörper an ihr Baby weiter. 

  • Känguruhen / Kangarooing: Beim Känguruhen sitzen Mutter oder Vater bequem in einem Stuhl. Das Neugeborene liegt nackt und zugedeckt auf ihrer Brust bzw. ihrem Bauch. In dieser beinahe aufrechten Position und durch die vertraute Nähe atmen Frühchen deutlich tiefer und ruhiger, selbst bei künstlicher Atemunterstützung. Auch neuronale Verknüpfungen können durch den engen Hautkontakt zwischen Mutter oder Vater und ihrem Kind gefördert werden. Durch das Känguruhen wird die Entwicklung von Frühchen nachweislich verbessert. 

Entwicklung von Frühchen meist normal 

Die meisten Frühchen wachsen im Laufe der Zeit zu gesunden Kindern und Erwachsenen heran. Auch die wichtigsten Entwicklungsschritte machen sie ungefähr im gleichen Alter wie termingerecht geborene Kinder. Um die Entwicklung Deines Babys besser zu einordnen zu können, müssen Eltern lediglich das korrigierte Alter des Kindes berechnen: Dafür werden die noch fehlenden Wochen bis zum ursprünglich errechneten Geburtstermin vom tatsächlichen Lebensalter abgezogen. 

  • Späte Frühchen, die zwischen der 32. und 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, holen den Rückstand in ihrer Entwicklung erfahrungsgemäß oft schnell auf: Nach ca. zwei bis drei Jahren sind sie gleichauf mit ihren Altersgenossen. 

  • Sehr frühe Frühgeborene benötigen etwas mehr Zeit, um aufzuholen. 

  • Extrem frühe Frühgeborene können bis ins Jugend- und Erwachsenenalter in unterschiedlichen Ausprägungen von körperlichen und geistigen Einschränkungen betroffen sein und unter Spätfolgen ihrer zu frühen Geburt leiden. 

Förderung der Entwicklung von Frühgeborenen 

Das Risiko von geistigen und motorischen Beeinträchtigungen ist größer, je früher ein Kind auf die Welt kommt. Der Geburtstermin allein ist jedoch kein ausschlaggebender Faktor für ihre Entwicklung. Wie bei reifen Säuglingen können Eltern einen großen Teil zur Förderung der körperlichen und psychischen Entwicklung beitragen. Beobachte Dein Kind genau, damit mögliche Entwicklungsdefizite frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

glückskind-Tipp ★ Hilfe und Unterstützung bekommst Du beim Bundesverband "Das frühgeborene Kind" e. V.. Der Verein setzt sich seit mehr als 30 Jahren für Frühgeborene und ihre Familien ein, z. B. mit Selbsthilfeinitiativen und Beratungsstellen. Detaillierte Informationen findest Du auf der Website des Verbandes. 

Viel Nähe 

Als sogenannte Traglinge brauchen alle Babys viel Nähe, Halt und Geborgenheit in den ersten Wochen und Monaten. Das gilt auch für Frühgeborene. Verbringe daher im Krankenhaus so viel Zeit wie möglich mit Deinem kleinen Schatz.

Stillen von Frühchen 

Wie das Känguruhen fördert auch das Stillen die Gesundheit und Entwicklung von Frühgeborenen. Obwohl es mittlerweile Spezialnahrung für Frühgeborene gibt, bleibt Muttermilch die beste Nahrung für Babys. Aufgrund ihrer einzigartigen Zusammensetzung ist sie leicht verdaulich und enthält eine hohe Konzentration an wichtigen Immunglobulinen (Antikörpern).

Das Stillen von Frühchen ist jedoch anfangs nicht immer ganz einfach, da vor allem sehr unreife Frühgeborenen noch keinen ausreichend stark entwickelten Saugreflex besitzen oder zu schwach sind, um direkt an der Brust zu trinken. Deshalb werden sie, falls nötig,  in der ersten Zeit über eine Magensonde mit abgepumpter Muttermilch ernährt. Frühgeborene mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht unter der 28 SSW erhalten zunächst sogar nur eine intravenöse Nährstoffzufuhr, damit der unreife Darm sich weiterentwickeln kann und keine wertvolle Energie für Verdauungsvorgänge verbraucht. 

Hilfe bei Stillproblemen 

Frühchen-Mütter erhalten in der Regel zeitnah zur Entbindung eine Stillberatung und Unterstützung bei Stillproblemen. Themen dieses Angebots sind: 

Der Saugreflex kann in den ersten Tagen bzw. Wochen durch Schnuller und das Anlegen an die Brust trainiert werden.

Etwa ab dem Alter der ursprünglichen 32. Schwangerschaftswoche kannst Du erste Trinkversuche mit Deinem Kind unternehmen. Je nach Konstitution können Frühchen schließlich ab der 34. bis 35. Schwangerschaftswoche aus dem Fläschchen trinken oder direkt an der Brust gestillt werden. Saugschwachen Babys kann ein Stillhütchen helfen: Es stimuliert den Saugreflex stärker und ermöglicht das Trinken an der Brust trotz geringerer Saugkraft. 

Keine oder nur wenig Muttermilch 

Unterschiedliche Faktoren können dazu führen, dass Du keine oder zu wenig Muttermilch hast: 

  • die zu frühe Entbindung 

  • die noch nicht erfolgte hormonelle Umstellung 

  • Stress 

Aber keine Sorge – mit ein bisschen Geduld kommt auch Deine Milch zum Fließen. In der Zwischenzeit gibt es Alternativen: Einige wenige Perinatalzentren in Deutschland verfügen über sogenannte Frauenmilchbanken, an die überschüssige Muttermilch gespendet werden kann. Frühchen, deren Müttern es nicht möglich ist zu stillen, können so von "fremder" Muttermilch profitieren. Die gespendete Muttermilch ist streng kontrolliert.

Auch das Füttern mit Zwiemilch-Ernährung, einer Mischung aus Muttermilch und spezieller Frühgeborenennahrung, ist bei unzureichender Milchproduktion der Mutter möglich. 

Entlassung des Frühchens 

Wann ein Frühgeborenes mit seinen Eltern nach Hause darf, hängt von individuellen Faktoren ab. Wichtig ist natürlich ein stabiler Allgemeinzustand des Kindes und der Mutter. Außerdem sollte das Gewicht des Babys bei Entlassung mehr als 2.000 Gramm betragen.

In der Regel sollten die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein, damit es nach Hause darf: 

  • Das Kind hält seine Körpertemperatur selbstständig. 

  • Das Baby atmet ohne Atemhilfe regelmäßig. 

  • Die Blutwerte sind stabil und müssen nicht mehr täglich kontrolliert werden. 

  • Es sind keine Infusionen mehr notwendig. 

  • Das Neugeborene kann Medikamente über den Mund aufnehmen. 

  • Das Kind trinkt gut aus der Flasche oder an der Brust. 

Nimmt das Frühchen nicht zu, muss es weiterhin im Krankenhaus bleiben, bis eine kontinuierliche Gewichtszunahme zu beobachten ist. Die Größe des Frühchens hingegen ist kein Kriterium für eine Entlassung aus dem Krankenhaus.

glückskind-Tipp ★ Direkt nach der Entlassung aus der Klinik steht Dir eine Hebamme für die nachgeburtliche Betreuung (Wochenbettbetreuung) zur Seite. Sie kann Dich in allen Fragen bezüglich des Wochenbetts, des Stillens und der kindlichen Entwicklung beraten und unterstützen. Nimm diese Betreuung unbedingt in Anspruch. Sie wird übrigens von der Krankenkasse bezahlt. 

Wir wünschen Dir alles Gute! 

Dein glückskind-Team  

Passende Produktkategorien