Selbstständigkeit von Kindern: Ratgeber
Kinder-Selbstständigkeit kann im Alltag gelernt werden. © alvarez / iStock
Kinder in ihrer Selbstständigkeit zu fördern, ist ein Geschenk fürs Leben! Je früher sie lernen, Verantwortung zu übernehmen und eigene Entscheidungen zu treffen, desto sicherer und unabhängiger werden sie. Was man unter Selbstständigkeit bei Kindern versteht und wie diese in altersgerechten Schritten wächst – genau darum geht es in diesem Beitrag.
Warum Selbstständigkeit für Kinder so wichtig ist
Kinder sind von Natur aus auf ihre Bezugspersonen angewiesen – sowohl für ihre grundlegenden Bedürfnisse als auch für emotionale Sicherheit. Die Grundpfeiler dafür, dass Dein Kind ein gesundes Urvertrauen entwickelt, sind Liebe, Anerkennung und Aufmerksamkeit. Auf dieser Grundlage können Kinder Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln.
★ glückskind-Tipp ★ Studien zeigen, dass Kinder sich leichter von ihren Eltern lösen und selbstständig werden, wenn sie sich sicher und geborgen fühlen.
Loslassen für positive Entfaltung
Loslassen für positive Entfaltung
Für Dich ist es möglicherweise gewöhnungsbedürftig, Kinder ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen. Bisher hast meist Du bestimmt, was das Kind darf und in welchem Tempo es dazulernt. Du hast das Kind gefördert, ermutigt, beschützt und für sein Wohlergehen gesorgt. Das alles ist natürlich nicht passé, wenn es darum geht, den Nachwuchs auch zu fordern. Durch Deinen schrittweisen Rückzug unterstützt Du die Persönlichkeitsentwicklung Deines Kindes und verhilfst ihm zu mehr Sicherheit.
Misserfolge zulassen
Misserfolge zulassen
Selbstständigkeit entsteht bei Kindern nicht von heute auf morgen. Gerade zu Beginn gehören Misserfolge dazu und sind sogar wichtig, denn sie sorgen für einen Lerneffekt. Bedeutsam ist, dass Du Deinem Nachwuchs genug Zeit zum Lernen einräumst und die Geduld behältst, auch wenn Dein Kind wiederholt an den Herausforderungen seines Alltags scheitert.
Altersgerechte Aufgaben
Altersgerechte Aufgaben
Natürlich solltest Du immer das Alter und die Reife Deines Kindes beachten, wenn Du seine Selbstständigkeit fördern möchtest. Herausforderungen dürfen keinesfalls von vorneherein unerfüllbar für die Kleinen sein. Mit angemessenen Aufgaben erzielst Du für Dein Kind jedoch schnell regelmäßige Erfolgserlebnisse. Das ist gut für das Selbstbewusstsein des Kindes: Es fühlt sich wertvoll und fähig. Das kannst Du mit wertschätzendem Lob noch bestärken.
Übrigens: „Hilf mir, es selbst zu tun“ – nach diesem Prinzip unterstützt die Montessori-Pädagogik Kinder in ihrer Selbstständigkeit. Erfahre, wie dieser Ansatz funktioniert und welche Vorteile er bietet.
Selbstbewusstsein bei Kindern spielerisch stärken
Selbstbewusstsein bei Kindern spielerisch stärken
Erziehung zur Selbstständigkeit muss gar nicht auf ausgesprochene „Aufgaben“ hinauslaufen. Schon im gemeinsamen Spiel kannst Du Kindern Selbstständigkeit beibringen. Lass Deinen Sprössling einfach selbst Spielregeln bestimmen, ohne seine Fantasie einzugrenzen.
★ glückskind-Tipp ★ Auch beim Anziehen am Morgen kannst Du Selbstständigkeit fördern: Lass Dein Kind doch einfach mal selbst entscheiden, welches T-Shirt es heute in den Kindergarten anziehen möchte. Akzeptiere diese Entscheidung dann auch, selbst wenn das Shirt womöglich nicht zur Hose passt.
Selbstständigkeit: Kindergarten und Vorschule
Die Selbstständigkeit im Alltag fördern kannst Du bereits bei kleinen Kindern ab dem Kindergartenalter. Tatsächlich bieten gerade Kindergarten oder Vorschule ein geradezu ideales Übungsumfeld. Die KiTa-Mäuse lernen Alltagsituationen und den Umgang mit anderen, indem sie Erwachsene nachahmen oder deren Anweisungen folgen.
Der Übergang vom Kindergarten zur Schule ist ein guter Moment, um die Selbstständigkeit Deines Kindes zu beobachten. Falls es noch Unterstützung braucht, kannst Du es mit viel Liebe und Geduld fördern.
Gruppenstatus und Kompromissfähigkeit
Gruppenstatus und Kompromissfähigkeit
Das gemeinsame Spielvergnügen besteht aus einer Reihe zwischenmenschlicher Interaktionen. Die Selbstbehauptung innerhalb der Gruppe dient der Selbstständigkeit von Kindern und der Erkundung von Konfliktlösungen ohne Eingreifen der „Großen“.
★ glückskind-Tipp ★ Falls Dein Kind nicht in den Kindergarten geht, kannst Du seine Selbstständigkeit und das Miteinander in einer Gruppe auch in Turn- oder Spielgruppen oder auch schon in der Krabbelgruppe fördern.
Spielerisch soziale Kompetenz aufzubauen, ist ebenfalls ein unschätzbarer Vorteil für das spätere Leben. Dein Kind lotet dabei aus:
Welche Rolle nehme ich im Gefüge der Gruppe ein?
Wann sollte ich mich von der Gruppe abgrenzen?
Wie gut kommen meine Vorschläge bei anderen Kindern an?
Unter welchen Umständen muss ich Kompromisse machen oder meine eigenen Wünsche zurückstellen?
Wie nehme ich Rücksicht auf andere und wie stehe ich für mich selbst ein?
★ glückskind-Tipp ★ Bei solchen sozialen Interaktionen kann es zu Enttäuschungen und Scheitern kommen. Du solltest darüber nicht zu verunsichert sein und nicht unnötig eingreifen. Tue etwaige Spielplatzfrustrationen Deines Kindes andererseits aber auch nicht einfach so ab. Schau Dir die Situation unvoreingenommen an, um problematisches Verhalten dominanter Kinder besser zu erkennen und zu verstehen.
Selbstständigkeit fördern: der Freundeskreis
Selbstständigkeit fördern: der Freundeskreis
Bei Kindern ist es wie bei Erwachsenen: Die „Chemie“ mit den Personen, die einen umgeben, muss stimmen. Lass Dein Kind seine Freundschaften aber unbedingt selbst wählen und versuche nicht einzugreifen.
★ glückskind-Tipp ★ Es ist förderlich für die Selbstständigkeit von Kindern, in altersgemischten Gruppen zu spielen. Jüngere Kinder können sich an den älteren orientieren und von deren Erfahrungsschatz profitieren. Umgekehrt können Ältere eine Vorbildfunktion und eine gewisse Verantwortung für jüngere Spielkameraden und Spielkameradinnen innerhalb der Gruppe einnehmen.
Schulweg: Selbstständigkeit im Alltag fördern
Schulweg: Selbstständigkeit im Alltag fördern
Vorweg: Das sogenannte „Eltern-Taxi“ ist nicht grundsätzlich ein No-Go. Es kommt auf die Umstände an: Liegt die Schule ohnehin auf dem Weg zu Deinem Arbeitsplatz, birgt der Fußweg für ein jüngeres Kind tatsächlich größere Gefahren oder ist fußläufig nicht zu bewältigen, hat der Shuttleservice seine Berechtigung. Der Schulweg ist andererseits eine hervorragende Gelegenheit, die Eigenständigkeit von Kindern zu fördern. Es wäre schade, diese nicht zu nutzen. Grundsätzlich sollten Erstklässler und Kinder unter acht Jahren einen neuen Schulweg mit den Erwachsenen üben. Die folgenden Punkte sind dabei besonders wichtig:
Routinen einhalten: Nutzt beim Trainieren des Schulweges immer die gleiche Strecke und überquert Straßen stets an derselben Stelle.
Verkehrsregeln erklären: Übe mit Deinem Kind schon vorher die Bedeutung von Ampeln, Zebrastreifen und Verkehrszeichen ein.
Observation: Wenn Du das Kind die ersten Male allein auf den Weg schickst, kannst Du ihm sicherheitshalber zunächst in einigem Abstand hinterhergehen und es anschließend fragen, wie es ihm allein ergangen ist.
Gemeinsame Wege: Eine Möglichkeit, das Schulwegtraining mit sozialer Interaktion zu kombinieren, ist die Organisation von Schulweg-Gruppen. Bonus: Die Gruppendynamik beschleunigt den Lernprozess und fördert die soziale Integration.
Allein Spielen für die Selbstständigkeit
Dein Kind sollte lernen, sich selbst zu beschäftigen und sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. So entdeckt es seine Interessen, Vorlieben und Bedürfnisse. Gleichzeitig stärkt es seine Belastbarkeit, Konzentration, Neugier und Vorstellungskraft. Während Babys sich noch stundenlang mit sich selbst beschäftigen, verlieren Kinder diese Fähigkeit oft mit zunehmendem Alter. Du kannst Dein Kind dabei unterstützen, diese Kompetenz zurückzugewinnen.
Präsenz ohne Interaktion: Deine schiere Anwesenheit trägt dazu bei, dem Kind Sicherheit zu vermitteln. Sei einfach im selben Raum anwesend, spiele aber nicht mit Deinem Liebling, sondern mache irgendetwas anderes, was Dir selbst Freude bereitet.
Nicht ins Spiel eingreifen: Ist Dein Kind beim Spielen im „Flow“, unterbrich es nicht und versuche nicht, mit ins Spiel einzusteigen. Lass es beispielsweise den eingestürzten Turm aus Bausteinen selbst wieder aufbauen. So lernt Dein Kind, dass es selbstständig Störungen beseitigen kann.
Raum zum Spiel: Das freie Spiel findet am besten dort statt, wo es keine ständigen Störungen und Ablenkungen gibt. Schaffe Deinem Kind eine Rückzugsmöglichkeit und stelle ihm Spielzeug zur Verfügung, das sich zum Alleinspiel eignet und Anregungen für Fantasie und Kreativität bietet.
Lob austeilen: Du kannst Dein Kind für erfolgreiches, selbstständiges Spiel loben. So bestärkst Du es darin, etwas Tolles geschafft zu haben, auf das es stolz sein kann.
Geförderte Selbstständigkeit: Kinder allein lassen
Zur Selbstständigkeit Deines Kindes gehört auch, dass es ab einem gewissen Alter eine Weile unbeaufsichtigt bleiben können sollte. Natürlich wirst Du Dein Kleinkind nicht allein in der Wohnung lassen und je nach Umständen ist es in vielen Fällen ratsam, bei Bedarf einen Babysitter zu engagieren. Aber wie sieht der gesetzliche Rahmen aus? Welche Grenzen solltest Du beachten, um Dich weder strafbar zu machen, noch die Kinder zu gefährden?
Die Aufsichtspflicht der Eltern
Artikel 6 des Grundgesetzes regelt im Rahmen des verfassungsrechtlich besonders geschützten Familienrechts die Aufsichtspflicht der Eltern. Absatz 2 besagt, dass Pflege und Erziehung der Eltern nicht nur das natürliche Recht, sondern die oberste Pflicht der Eltern darstellen. Konkreter definiert das BGB die elterliche Sorge beziehungsweise die Personenfürsorge. Laut Paragraf 1627 BGB ist diese am Wohl des Kindes zu orientieren, also zum Nutzen seiner Entwicklung zur selbstständigen, eigenverantwortlichen, gemeinschaftsfähigen Person.
Paragraf 1626, Absatz 2 im BGB schreibt vor, dem Kind die Möglichkeit zu verantwortungsbewusstem, selbstständigem Handeln zu geben. Du musst dem Kind also gemäß seinem Alter und seiner Eigenwahrnehmung ein Mitspracherecht zugestehen. Eltern sind verpflichtet, Kinder zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen; Kinder haben das verbriefte Recht auf selbstständige Entwicklung. Das alles klingt zugegeben sehr abstrakt. Wenn Du Dein Kind zum Spielen, zum Kindertanzen oder auf den Bolzplatz schicken willst, findest Du hier das Wichtigste in Kürze.
Gesetzliche Regelungen
Gesetzliche Regelungen
Innerhalb der eigenen Wohnung oder bei Aufenthalt auf einem sicheren Gelände oder Spielplatz dürfen Kids ab vier Jahren 15 bis 30 Minuten lang allein bleiben, vorausgesetzt, die Eltern halten sich im Nahbereich auf. Beispiel: Das Kind spielt im Kinderzimmer, Du bringst den Müll raus und schaust nach der Post.
Kinder unter sieben Jahren müssen auf den Weg zur Schule besonders vorbereitet werden. Gegebenenfalls ist Begleitung erforderlich (siehe oben).
Kinder, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, müssen bis zum achten und dürfen bis zum zehnten Geburtstag auf dem Gehweg fahren. (Natürlich sollte Rücksichtnahme auf Fußgänger und regelkonformes Verhalten im Straßenverkehr geübt werden!)
Der Besuch öffentlicher Filmveranstaltungen (Kino) ist ohne Begleitung einer personensorge- oder erziehungsbeauftragten Person für Kinder unter sechs Jahren nicht erlaubt. Kinder ab sechs bis vierzehn Jahren dürfen maximal bis 20 Uhr ins Kino.
Kinder unter 14 Jahren dürfen in Kinder- und Jugendtreffs, in Kirche oder Verein bis maximal 22 Uhr allein sein.
Kinder unter sechs Jahren dürfen auf Tanzveranstaltungen nicht anwesend sein, es sei denn, es handelt sich um eine Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe oder eine Tanzaufführung mit aktiver Teilnahme von Kindern. In diesen Fällen dürfen Kinder unter sechs Jahren bis 22 Uhr teilnehmen.
Für Gaststätten, Kneipen und Lokale gilt, dass Kinder unter sechs Jahren sie nur zum Essen oder Trinken auf Reisen oder im Rahmen einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe betreten dürfen, und zwar zwischen 5 und 23 Uhr.
Minderjährige unter 18 Jahren dürfen bis 24 Uhr draußen bleiben.
Fazit: Erziehung zur Selbstständigkeit
Eine frühe Selbstständigkeit von Kindern ist der Schlüssel zur erfolgreichen Entwicklung eines selbstbewussten, selbstermächtigten Menschen. Du weißt nun, wie Du die Selbstständigkeit bei Kindern schrittweise fördern kannst, ohne sie zu überfordern. Nicht nur konkrete Maßnahmen wie das eigenständige Bewältigen des Schulwegs sind wichtige Aspekte. Auf der emotionalen Ebene sind Urvertrauen und verlässliche Nähe für das Kind besonders wichtig, wenn es Misserfolge erlebt und Herausforderungen nicht gleich bewältigen kann.
FAQ
Warum ist Selbstständigkeit bei Kindern wichtig?
Warum ist Selbstständigkeit bei Kindern wichtig?
Kinder, die ein sicheres, selbstständiges Verhalten erlernt haben, verfügen über ein besseres, gesundes Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit. Darunter versteht man die Kompetenz, schwierige Herausforderungen und unbekannte Situationen aus eigener Kraft erfolgreich zu meistern. Mit diesen Fähigkeiten und den eigenen Erfahrungen erarbeiten die Kinder sich im Alltag Sinn und Strukturen, die als Orientierungshilfe und Handlungsmaßstab für die Selbstorganisation dienen.
Wann wird ein Kind selbstständiger?
Wann wird ein Kind selbstständiger?
Du kannst bereits beginnen, die Selbstständigkeit von Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren, also im Kindergartenalter zu fördern. Das ist einerseits naheliegend, da der Kindergarten und die Interaktion mit Altersgenossen und Erzieher und Erzeiherinnen außerhalb des Familienkreises eine Menge neuer spontaner Herausforderungen für die Kinder bedeuten: vom selbstständigen Anziehen bis zu sozialen Konflikten. Langzeitstudien zeigen, dass Kinder, die zu Hause altersgerechte Aufgaben übernehmen, sich besser entwickeln und als junge Erwachsene erfolgreicher sind.
Wie kann man Selbstständigkeit bei Kindern fördern?
Wie kann man Selbstständigkeit bei Kindern fördern?
Basis für Selbstständigkeit bei Kindern ist das Urvertrauen zu den Eltern für das eigenständige Ausprobieren und Bewältigen altersangemessener Herausforderungen. Als Elternteil solltest Du für das Kind stets präsent sein, aber nur in Ausnahmefällen eingreifen, damit es eigene Erfahrungen sammeln und Lernerfolge machen kann. Ab dem späten Kleinkindalter benötigen Kinder neben dem Kontakt zu Bezugspersonen den zu anderen Kindern, um eigene Kompetenzen, Kreativität und Selbstwirksamkeit zu erkennen. Dies ist ausschlaggebend für die mentale, emotionale und körperliche Entwicklung.
Soll man Selbstständigkeit bei Kindern belohnen?
Soll man Selbstständigkeit bei Kindern belohnen?
Tatsächlich empfehlen manche Expertinnen und Experten, ein Belohnungssystem einzuführen, wenn man Kindern Selbstständigkeit beibringen möchte. Für diese zusätzliche Motivation kannst Du kreativ werden und beispielsweise Stempel, Smileys oder Fleißbienchen verteilen und Belohnungen für bewältigte Herausforderungen versprechen. Setze das aber sparsam ein, damit kein „Gewöhnungseffekt“ eintritt. Selbstverständliche Dinge wie Hausaufgaben sollten nicht extra belohnt werden. Das kann dazu führen, dass Dein Kind solche Dinge nicht mehr aus eigenem Antrieb tun.
Wir wünschen Deinem Kind einen wunderbaren Start in die Schulzeit!
Dein glückskind-Team ♥