Pflegekind aufnehmen: Elternschaft auf Zeit
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Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen sich entscheiden, ein Pflegekind aufzunehmen. Vielleicht kannst Du selbst keine Kinder bekommen oder Du möchtest einfach einem im Kinderheim lebenden Kind die Chance auf das Leben in einer liebevollen Familie geben. Der Bedarf an Menschen, die dieses Wagnis eingehen, ist groß, denn allein in Deutschland leben über 120.000 Kinder und Jugendliche in Heimen.
Ein Pflegekind aufnehmen: Was kommt auf mich zu?
Mit der Aufnahme eines Pflegekindes übernimmst Du zeitweise die Pflege und Erziehung für dieses Kind. Dabei solltest Du wissen, dass der Aufenthalt in Deiner Familie manchmal nur wenige Wochen oder Monate dauert. Vielfach sind die Eltern durch Krankheit oder finanzielle Nöte nicht in der Lage, sich selbst um ihr Kind zu kümmern. Hat sich die Lage wieder gebessert, kehrt das Kind zu ihnen zurück.
Es kann jedoch sein, dass das Kind auch über Jahre bei Dir bleibt, weil die Eltern, bzw. der alleinerziehende Elternteil mit der Elternschaft überfordert sind. Manche sind abhängig von Alkohol oder Drogen oder leben in Beziehungen, die von Gewalt geprägt sind. Wenn Du ein Pflegekind aufnehmen willst, solltest Du Dir darüber im Klaren sein, dass es in seinem kurzen Leben möglicherweise schon viel Gewalt und andere traumatisierende Dinge erlebt hat. Damit umzugehen kann eine ziemliche Herausforderung, aber gleichzeitig auch sehr bereichernd sein.
Pflegekind aufnehmen: die Voraussetzungen
Um ein Pflegekind aufzunehmen, musst Du bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese sind nicht ganz so strikt wie bei Adoptionen, da ein Adoptivkind in jeder Hinsicht und permanent das Kind des adoptierenden Paares wird. So kannst Du etwa auch als alleinstehende Person ein Pflegekind aufnehmen oder schon etwas älter sein, als es bei einer Adoption möglich wäre.
Diese Voraussetzungen sind Pflicht:
gute Gesundheit
keine Drogenabhängigkeit
sicheres, angemessenes Einkommen
ausreichende Zeit für die Kinderbetreuung
ausreichenden Platz für das Kind
Wenn Du ein Pflegekind aufnehmen willst, wendest Du Dich an das Jugendamt in Deiner Stadt und vereinbarst ein erstes Informationsgespräch. Dabei wirst Du gründlich darüber aufgeklärt, was auf Dich zukommt. Beim Gespräch wird Dir auch direkt mitgeteilt, ob Du ganz allgemein als Pflegeperson infrage kommst. Einige Fragen, die viele potenzielle Pflegeeltern sich stellen, sind:
Gibt es ein Mindestalter für Pflegeeltern?
Es gibt kein (gesetzlich) festgelegtes Mindestalter. Häufig haben die Jugendämter zwar ein „Orientierungsalter“, es handelt sich aber nicht um eine strikte Altersgrenze. Daher sollte im Einzelfall geprüft werden, ob bzw. welches „Orientierungsalter“ beim zuständigen Jugendamt gegeben ist und ob dieses von den anstrebenden Pflegeeltern erfüllt wird.
Welcher Altersabstand zwischen Pflegeeltern und Pflegekind ist möglich?
Es gibt keine gesetzliche Regelung, doch generell wird ein Altersabstand empfohlen, der dem leiblicher Eltern entspricht. Paare bis etwa 35 Jahre können Kleinkinder bei sich aufnehmen, Paare bis etwa 50 Jahre auch Pflegekinder in der Pubertät.
Wichtiger ist jedoch der individuelle Charakter der Pflegeeltern, die ein Pflegekind aufnehmen möchten. Besonders wichtig ist, dass Du viel Empathie, Verständnis und Geduld mitbringst, um den oft schwierigen Kindern Stabilität und Liebe geben zu können. Gerade gefestigte ältere Menschen in einer stabilen Partnerschaft, deren Kinder aus dem Haus sind, eignen sich oft besonders gut, um mit pubertierenden Jugendlichen zurechtzukommen.
Muss ich eigene Kinder haben, um ein Pflegekind aufnehmen zu können?
Nein, Du brauchst keine eigenen Kinder haben. Manche ungewollt kinderlosen Paare entscheiden sich dafür, ein Pflegekind aufzunehmen, um einem fremden Kind Geborgenheit und Liebe zu geben. Für das Pflegekind kann es sogar von Vorteil sein, wenn ihm die ganze Aufmerksamkeit der Pflegeeltern gehört.
Haben die leiblichen Eltern Umgangsrecht, wenn das Kind in einer Pflegefamilie lebt?
Ja, allerdings mit Einschränkungen. Droht dem Kind Gefahr oder Schaden durch diesen Umgang (zum Beispiel bei gewalttätigen Eltern), braucht es keinen Kontakt aufrechtzuerhalten. Es kann dem Kind aber nicht verboten werden, einen leiblichen Elternteil regelmäßig zu sehen, der beispielsweise krank oder drogensüchtig ist und den Umgang mit seinem leiblichen Kind wünscht.
Unterhalt für das Pflegekind: Geld vom Jugendamt
Erwachsene, die ein Pflegekind aufnehmen möchten, erhalten vom Jugendamt ein Pflegegeld in Höhe von etwa 700 bis 900 Euro ausgezahlt. Der genaue Betrag hängt vom Alter des Kindes und von Eurem Wohnort ab. Einige Punkte, die Du wissen solltest:
Für größere Ausgaben können weitere Beihilfen beantragen werden.
Das staatliche Kindergeld wird mit dem Pflegegeld verrechnet.
Für Pflegekinder wird kein Elterngeld gezahlt.
Du hast jedoch Anspruch auf die gleiche Elternzeit wie die Eltern von leiblichen und adoptieren Kindern. Diese beträgt drei Jahre ab Aufnahme des Kindes. Allerdings gilt dies nur für Kinder bis zum 8. Geburtstag. Hier findest Du weitere Informationen zur Elternzeit.
Pflegekind aufnehmen: Zusammenarbeit mit dem Jugendamt
Wenn Du ein Pflegekind aufnehmen willst, erfolgt dieser Prozess in mehreren Schritten:
Erstes, unverbindliches Informationsgespräch
Bewerbung als Pflegeeltern
Pflichtseminare zur Vorbereitung der Pflegeelternschaft
Übernahme des Pflegekindes
Monatliche Besuche durch einen Sozialarbeiter des Jugendamtes
Bei diesen Besuchen prüft der Sozialarbeiter die häusliche Situation und die Verfassung des Pflegekindes. Natürlich kannst Du diese Person auch zwischendurch anrufen, wenn es Probleme mit dem Kind gibt. Bleibt das Pflegekind langfristig in Deiner Familie, kommt es zu jährlichen Treffen mit dem Jugendamt, bei dem auch die leiblichen Eltern dabei sind. Dabei wird zum Beispiel über die Kontakthäufigkeit und -intensität mit ihnen gesprochen.
Weitere Fragen zu Pflegekindern
Wie lange bleiben Pflegekinder maximal bei ihrer Pflegefamilie?
Wie lange bleiben Pflegekinder maximal bei ihrer Pflegefamilie?
Manche Pflegekinder bleiben bis zur Volljährigkeit bei Ihren Pflegefamilien. Andere ziehen es vor, als Teenager in eine Wohngruppe mit Gleichaltrigen zu ziehen.
Kann ich mein Pflegekind adoptieren?
Kann ich mein Pflegekind adoptieren?
Wenn das Kind die Volljährigkeit erreicht hat, erlischt das Sorgerecht der leiblichen Eltern oder des Jugendamtes. Du kannst das Kind dann adoptieren, sodass es Deinen Namen annimmt und beispielsweise auch erbberechtigt ist. Natürlich aber nur, wenn das Kind dies auch möchte.
Kann ich auch behinderte Pflegekinder aufnehmen?
Kann ich auch behinderte Pflegekinder aufnehmen?
Willst Du ein Pflegekind aufnehmen, das besondere Bedürfnisse hat, benötigst Du eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt. Dabei wird geprüft, ob Du für diese besonders anspruchsvolle Aufgabe geeignet bist. Weitere Informationen erteilt der Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V.
Dein glückskind-Team ♥