Die U1: Die 1. Untersuchung nach der Geburt

Die U1-Untersuchung erfolgt meist unmittelbar nach der Geburt © Zukovic, iStock
Nach der Geburt steht die U1-Untersuchung beim Neugeborenen an. Der Arzt/Ärztin untersucht dabei alle lebenswichtigen Funktionen des Babys und versichert sich, dass keine anderen behandlungsbedürftigen Auffälligkeiten beim Kind bestehen. Die U1 ist die erste von insgesamt zwölf Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter. Die Erstuntersuchung U1 erfolgt direkt in den ersten Lebensstunden.
Deswegen ist die erste Früherkennungsuntersuchung so wichtig
Die Geburt ist geschafft, ein neues Leben erblickt das Licht der Welt. Auch, wenn alles am Baby auf den ersten Blick gesund erscheinen mag, gibt erst die wichtige Vorsorgeuntersuchung nach der Geburt Aufschluss darüber, wie gut die lebenswichtigen Funktionen des Kindes funktionieren. Diagnostiziert der Kinderarzt/Kinderärztin dabei Gesundheitsstörungen oder andere Auffälligkeiten, so können die entsprechenden notwendigen Maßnahmen und Kontrollen direkt eigenleitet werden. Bei manchen dieser Auffälligkeiten könnten sich ansonsten schwerwiegende Folgen im weiteren Leben ergeben.
Dr. Sandra Horsch erklärt: „Grundsätzlich dient jede Früherkennungsuntersuchung dazu, eventuelle Krankheiten und Entwicklungsverzögerungen frühzeitig festzustellen und die notwendigen Behandlungen in die Wege zu leiten. Der Arzt oder die Ärztin untersucht das Neugeborene auf seine Fähigkeit, sich an die neue Umwelt anzupassen und kontrolliert, ob Auffälligkeiten bestehen, die einer raschen Behandlung oder Kontrolle bedürfen.“ Wie bei allen U-Untersuchungen, ist es auch bei der U1-Untersuchung sehr wichtig, dass alle Befunde und Untersuchungsergebnisse mit den Eltern besprochen werden, damit die Eltern über die Gesundheit des Kindes genau Bescheid wissen und keine gefährlichen Informationslücken entstehen können.
Ablauf U1-Untersuchung: Das Baby wird komplett untersucht
Kurz nach der Geburt wird das Baby gründlich vom Arzt oder der Ärztin und/oder der Hebamme untersucht, alle lebenswichtigen Funktionen beurteilt und der APGAR-Wert vergeben. Folgende Aspekte werden dabei überprüft bzw. untersucht:
- Korrekte Atmung
- Gesunde Durchblutung und Farbe der Haut
- Herz-Kreislauf-System
- Muskelspannung und angeborene Reflexe
- Vorhandensein von Fehlbildungen, Krankheiten wie Gelbsucht und Schwellungen
- Erreichung der vollen Reife
- Körperlänge und Gewicht
- Kopfumfang
- Blutentnahme aus der Nabelschnur gibt Aufschluss darüber, wie gut das Baby während der Entbindung mit Sauerstoff versorgt war
Dr. Sandra Horsch: „Im Anschluss informieren Arzt/Ärztin oder Hebamme die Mutter gewöhnlich über die Untersuchungsergebnisse, die Baby-Ernährung und geben hilfreiche Hinweise zum Stillstart und vermitteln allgemein das Wichtigste für die Zeit nach der Geburt.“
Was ist der APGAR-Wert?
Der sogenannte APGAR-Wert wird direkt in den ersten Lebensminuten vergeben und spiegelt wieder, wie gut sich das Kind an das Leben außerhalb des Mutterleibs adaptiert und wird auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet (10 ist optimal). “Apgar” steht dabei für Atmung, Puls, Grundtonus, Aussehen, Reflexe. Jeder Aspekt bekommt maximal je 2 Punkte und ist somit gleich gewichtet. Dabei werden folgende Aspekte bewertet:
- Atmung: Wie gut atmet das Baby, muss es sich womöglich anstrengen? Ist die Atmung regelmäßig?
- Puls bzw. Herzschlag: Wie oft schlägt das Herz pro Minute?
- Grundspannung/Grundtonus der Muskulatur: Ist das Baby schlapp und schlaff oder bewegt es sich viel? Wie gut funktioniert die Motorik?
- Aussehen bzw. Hautfarbe: Ist die Hautfarbe des Kindes teilweise oder ganz rosig oder eher blass?
- Reflexe: Funktionieren die frühkindlichen Reflexe wie Suchreflex, Schluck- und Saugreflex?
Diese Untersuchungen finden jeweils drei Mal in geringen Abständen statt (eine Minute, fünf Minuten und zehn Minuten nach der Geburt). Der kleine Bewertungsspielraum (0, 1 oder 2 Punkte je Aspekt) bedeutet, dass die Punkte auch für die Eltern sehr gut zu verstehen sind: Eine 0 bedeutet, dass etwas schlicht nicht funktioniert (es gibt z.B. keinen Herzschlag und keine Reflexe), bei der 1 stellt der Arzt oder die Hebamme die Funktion mit Abstrichen fest (unregelmäßiger Herzschlag oder gestörte Atmung) und eine 2 bedeutet, dass die Körperfunktion optimal läuft.
„Die Gesamtpunktzahl ist schließlich ein Indikator dafür, wie gut sich das Kind an das Leben außerhalb des Mutterleibs gewöhnt hat. In der Regel bewegt sie sich zwischen 9 und 10 Punkten, das Kind ist dann “wohlauf” und Bedarf keiner Hilfen, zwischen 6 und 8 Punkte weist meist darauf hin, dass das Baby bei gewissen Körperfunktionen zunächst Hilfe benötigt. Bei 5 oder weniger Punkten zeigt sich eine schwerwiegende Störung der Anpassung, die schnelles Handeln erfordert“, erläutert Dr. Sandra Horsch.
Vitamin K-Zugabe bei der U1
Die Zugabe von Vitamin K beugt schweren inneren Blutungen vor und ist für das Baby ansonsten unbedenklich. Als Teil der allgemeinen Vorsorge bzw. Prophylaxe ist diese Zugabe in Tropfenform in Deutschland etabliert, allerdings nicht verpflichtend. Einige Eltern möchten auf die Zugabe von Vitamin K verzichten, unter der Vorstellung, dass das Baby durch die Muttermilch das wichtige Vitamin ausreichend bekomme. Dies ist aber nicht so. „Leider wird durch die ausschließliche Ernährung mit Muttermilch keine ausreichende Vitamin K-Versorgung beim Neugeborenen erreicht, sodass die Gefahr auf eine seltene, aber lebensgefährliche Vitamin K-Mangel-Hirnblutung besteht. Darum ist die Gabe von Vitamin K direkt nach der Geburt und im weiteren Verlauf so wichtig.“, betont Dr. Sandra Horsch.
Häufige Fragen zu U1-Untersuchungen
Die U1-Untersuchung findet in der Regel ganz automatisch direkt nach der Entbindung noch am Geburtsort statt. Danach dürfen Mutter und Vater das Kind behutsam wieder im Arm halten, sofern die U1 keinen Handlungsbedarf ergibt. Die U1-Untersuchung ist fast immer ein fester Bestandteil des Prozesses - allerdings nicht verpflichtend. Auch deswegen stellen Eltern rund um die U1-Untersuchung häufig Fragen, von denen wir eine Auswahl beantworten.
Was kostet die U1-Vorsorgeuntersuchung?
Was kostet die U1-Vorsorgeuntersuchung?
Sämtliche Früherkennungsuntersuchungen von U1 bis U9 sind kostenlos, wenn sich die Eltern an den Zeitrahmen halten. Versäumen die Eltern einen Termin, werden sie durch das Gesundheitsamt informiert, um die Teilnahme an der jeweiligen Untersuchung schnellstmöglich nachzuholen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Untersuchungen nur, wenn diese im sogenannten Untersuchungs- und Toleranzzeitraum stattfinden. Fällt ein Termin nicht in diesen Zeitraum, müssen die Eltern die Kosten für diese Untersuchung selbst tragen. Bei der U1 besteht dieses Risiko quasi nicht, weil sie meist noch am Geburtsort direkt nach der Entbindung (auf jeden Fall innerhalb der ersten Lebensstunde der Kinder) stattfindet. Dabei bekommen Eltern das sogenannte “gelbe Heft”, mit dessen Hilfe sie es problemlos schaffen, die folgenden U-Termine rechtzeitig wahrzunehmen.
Was ist der Unterschied zwischen U1-Untersuchung und Neugeborenen-Screening?
Was ist der Unterschied zwischen U1-Untersuchung und Neugeborenen-Screening?
Diese beiden Untersuchungen werden manchmal miteinander verwechselt. Die U1-Untersuchung erfolgt direkt nach der Entbindung und überprüft das Neugeborene auf alle lebenswichtigen Körperfunktionen anhand der Apgar-Skala. Das Neugeborenen-Screening findet hingegen etwas später, spätestens am dritten Lebenstag des Kindes statt. Hierbei wird eine Blutprobe aus der Ferse entnommen, um das Kind auf insgesamt dreizehn Stoffwechselkrankheiten und zwei Hormonstörungen zu testen, darunter z.B. Mukoviszidose, Ahornsirupkrankheit oder das adrenogenitale Symptom. In der Regel liegen wenige Tage später den Eltern die Ergebnisse vor. Das Neugeborenen-Screening ist, wie die U1, nicht verpflichtend, wird aber allgemein empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt.
Was ist das Pulsoxymetrie-Screening bei der U1?
Was ist das Pulsoxymetrie-Screening bei der U1?
Hinter diesem Begriff steht ein Test, mit dem Anzeichen für einen möglichen Herzfehler erkannt werden. Dafür wird erneut der Sauerstoffgehalt im Blut nachgemessen. Allerdings wird das Pulsoxymetrie-Screening gewöhnlich erst am zweiten Lebenstag des Kindes durchgeführt. Dein Kind bekommt davon übrigens nicht viel mit: für das Screening reicht ein kleiner Sensor am Fuß vollkommen aus. Die Teilnahme an dieser Untersuchung ist freiwillig.
Was ist das “gelbe Heft”?
Was ist das “gelbe Heft”?
Das gelbe Heft ist ein wichtiges Dokument vom gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, in das die Ergebnisse aller Vorsorgeuntersuchungen eingetragen werden. Ob U1, U2, U3, U4, U5, U6, U7, U7a, U8 oder U9: Hier wird alles Wichtige dokumentiert, was mit der Gesundheit des Kindes zusammenhängt. Normalerweise erhältst Du das gelbe Heft direkt nach der Entbindung, spätestens aber vom Kinderarzt. Das Heft hat auch eine andere wichtige Funktion: Mit der angehängten Teilnahmekarte kannst Du die besuchten Untersuchungen offiziell nachweisen, zum Beispiel beim Eintritt in eine Kindertagesstätte (KiTa). Das gelbe Heft wird bis zur U10 (meist kurz vorm 6. Lebensjahr) oder U11 (für zwischen dem 9. und 10. Lebensjahr empfohlen) fortgeführt und bleibt auch danach ein wichtiges Dokument, das unbedingt aufbewahrt werden muss, zum Beispiel für die Vorsorgeuntersuchungen J1 und J2 für Jugendliche.
Was ist die Schwangerschafts-Anamnese?
Was ist die Schwangerschafts-Anamnese?
Im Rahmen der Entbindung und U1 befragt der Arzt die Mutter zu ihrem Gesundheitszustand und zum Verlauf der Schwangerschaft. So bekommt er bereits wertvolle Hinweise zur Gesundheit und Entwicklung des Kindes. Hierfür ist auch der Mutterpass enorm hilfreich bzw. notwendig. In diesem Dokument ist ersichtlich, ob es während der Schwangerschaft beispielsweise zu einer Infektion kam, Diabetes vorliegt (z.B. Diabetes Typ 1 bei Kindern) oder regelmäßig Medikamente eingenommen wurden. Möglicherweise fragt der Arzt auch nach der Gesundheitsgeschichte in der Familie und nach möglichen Erkrankungen und Entwicklungen der Geschwister (sofern vorhanden).
Was ist die Geburtsanamnese?
Was ist die Geburtsanamnese?
Die Geburtsanamnese wird häufig mit der U1-Untersuchung verwechselt. Bei der Anamnese des Babys erfasst und dokumentiert der Arzt wichtige Informationen und Daten. Dazu zählen Geburtsdatum, Geschlecht, vollendete Schwangerschaftswoche (ist das Baby ein Frühchen?), die Art der Geburt (Kaiserschnitt, Unterwassergeburt, usw.) und die Lage des Kindes. Darüber hinaus bestimmt er mithilfe der Nabelschnurarterie den pH-Wert des Blutes des Babys. So kann er erkennen, ob das Baby während der Geburt genug Sauerstoff bekommen hat. Danach erfolgt die eigentliche U1-Untersuchung.
Nach der U1: Der Kinderarzt als langjähriger Begleiter
Die U1 findet nahezu automatisch nach der Entbindung meist noch am Geburtsort (Krankenhaus, Zuhause oder im Geburtshaus) statt, ist aber nur die erste in einer Reihe von wichtigen Untersuchungen des Kindes. Auch die zweite Vorsorgeuntersuchung, die sogenannte Neugeborenen-Basisuntersuchung (auch U2-Untersuchung) erfolgt zwischen dem 3. und 10. Lebenstag des Babys noch direkt am Geburtsort.
Ab der dritten Untersuchung (U3), die zwischen der 4. und 5. Lebenswoche (auf jeden Fall im zweiten Lebensmonat) stattfinden sollte, wird das Kind bei einem Kinderarzt bzw. Jugendarzt untersucht. In der Regel bleibt dieser Arzt bis zur U9 der behandelnde Kinderarzt für das Kind. Daher ist frisch gebackenen Eltern angeraten, frühzeitig Termine beim Kinderarzt ihrer Wahl zu machen und so einen langjährigen Begleiter für das Kind zu gewinnen. Der Kinderarzt informiert nicht nur umfassend über den Gesundheitszustand und die Entwicklung des Kindes; er fungiert auch als Vertrauensperson und Ansprechpartner für wichtige Fragen, z.B. zu den Themen Ernährung, Schlaf, Bewegung und vielen mehr.
Dein glückskind-Team ♥
