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Geburtsvorbereitung digital: Das Wichtigste auf einen Blick

Frau liest Artikel über Geburtsvorbereitung auf dem tablet

© vitranc, istock

Die aktuelle Situation stellt werdende Eltern und Hebammen vor eine große Herausforderung. Geburtsvorbereitungskurse vor Ort müssen abgesagt werden. Hebamme Kerstin Lüking hat die relevantesten Kursthemen als Vorbereitungsstütze in dieser besonderen Zeit zusammengefasst: Was Sie schon vor der Geburt organisieren und erledigen können, wie Sie die Vorzeichen einer beginnenden Geburt erkennen und was Sie tun können, um die Geburt zu unterstützen.
 
Kerstin Lüking ist seit 20 Jahren Hebamme mit Leib und Seele. Mittlerweile hat sie über 3000 Familien betreut. Meilensteine in Ihrem Leben sind die Geburten ihrer eigenen sieben Kinder. Ihren Erfahrungsschatz gibt sie gerne mit viel Empathie, Leidenschaft und Fachkenntnis an ‚ihre‘ Mütter und Väter weiter, unter anderem als Expertin für glückskind und in Beiträgen auf dem Blog mutterkutter.de.

Vorwort der Autorin zur aktuellen Situation

Liebe werdende Eltern,
die Zeit mit Corona hält neue Herausforderungen für uns bereit. Sowohl für uns Hebammen, weil wir unsere Betreuungen mehr und mehr auf einen Video-Telefonie umstellen und die Hausbesuche auf ein Minimum beschränken müssen, als auch für die werdenden Eltern, deren Sorgen sich gerade um die eingeschränkten Besuchs- und Begleitregeln für die Partner unter der Geburt drehen. Es herrscht ein Zustand, den wir uns so für unsere zu betreuenden Frauen nicht wünschen. Die Hausbesuche erfolgen zur Zeit gerade in einer zeitlich sehr verkürzten Form, die Betreuung erfolgt fast kontaktlos und auf Distanz. Dazu sehen wir in unserer Kittel- und Mundschutzmontur sehr befremdlich aus. Leider können auch keine Kurse zur Geburtsvorbereitung und Rückbildungsgymnastik  vor Ort angeboten werden. Mittlerweile gibt es Online-Tutorials, die wenigstens einen kleinen Teil der Informationsweitergabe an die Eltern abdecken können. Meines Erachtens führt aber kein Weg am persönlichen Gespräch vorbei, so dass wir hoffentlich bald wieder in den gewohnten Modus zurückfinden werden.
Vielleicht ist es für uns die Chance, uns als Gesellschaft zu hinterfragen und auch der Hebammenarbeit in Zukunft eine größere Bedeutung zukommen zu lassen. Ich habe für Sie einige relevante Kursthemen zusammengefasst als kleine Vorbereitungsstütze in dieser besonderen Zeit.
Bleiben Sie gesund.
Herzlichst
Kerstin Lüking, Hebamme und Autorin

Was man vor der Geburt schon alles tun kann:

Nestbau – Die Vorfreude wächst und alles soll vorbereitet werden.

Es gibt doch nichts schöneres, als für das eigene Baby alles herzurichten.
Was Sie für Babys Erstausstattung benötigen, finden Sie übersichtlich im Beitrag.

Wir packen einen Koffer! Was muss alles mit in die Klinik?

Es empfiehlt sich, ab der 36. Woche eine gepackte Kliniktasche griffbereit zu haben. Sie enthält alles, was Sie während der Entbindung im Kreißsaal und in den ersten Tagen nach der Geburt in der Klinik benötigen. In diesem Beitrag finden Sie alles, was in Ihre Kliniktasche gehört.
Mein Tipp: Packen Sie mit Ihrem Mann zusammen die Tasche, dann weiß er, wo alles zu finden ist.
Sehr gerne empfehle ich meinen Frauen auch die Mitnahme eines großen Badehandtuchs, da die Klinikmatratzen mit einer Plastikfolie ummantelt sind, auf der man, gerade im Sommer, noch viel mehr schwitzt. Lassen Sie sich das große Laken auf Ihr Bett legen. Das ist sehr angenehm.
Ein ganz wichtiger Punkt ist das Thema Essen! Packen Sie kleine Energielieferanten ein. Müsli-Riegel, Bananen, Schokolade, Traubenzucker, ein belegtes Brot (wohl mehr für den werdenden Papa), Salzbrezeln, Ihren Lieblingstee oder auch eine Thermoskanne mit leckerem Kaffee für Ihren Partner. Das alles kann unter der Geburt und danach gut gebraucht werden. Ich empfehle Ihnen ein Glas Instant-Gemüse-Brühe mitzunehmen. Unter der Geburt hat es sich bewährt, gelegentlich mal eine Tasse heiße Brühe zu trinken. Durch den hohen Salzgehalt bekommt man wieder Kraft und die Brühe durchwärmt gut. Urplötzlich leidet man unter der Geburt und im Wochenbett unter Schüttelfrost. Auch dagegen kann die Brühe sehr gut eingesetzt werden.

Organisation ist alles! Was kann man noch im Vorfeld regeln?

  • Die eigene Geburtsurkunde und/oder das Familienstammbuch für die Anmeldung beim Standesamt heraussuchen.
  • Beglaubigte Abschriften anfertigen lassen, falls ein Elternteil aus dem Ausland kommt.
  • Vaterschafts-Anerkennung und Sorgeerklärung durchführen lassen, falls sie nicht verheiratet sind.
  • Wenn Sie eine gleichgeschlechtliche Beziehung führen, muss die Mutter, die das Kind nicht ausgetragen hat, einen Antrag auf Adoption stellen, damit sie die gleichen Rechte wie die leibliche Mutter hat. Leider ist das alles sehr aufwendig und zum Teil diskriminierend.
  • Kinderarzt organisieren, falls Sie nach der Geburt ambulant nach Hause gehen möchten.
  • Kindergärten im Vorfeld ansehen und sich evtl. schon auf die Warteliste setzen lassen.
  • Machen Sie sich Gedanken zum Thema „Impfen“.
  • Kümmern Sie sich um einen Erste Hilfe Kurs für Säuglinge und Kleinkinder. Es gibt auch Onlineangebote, ich empfehle www.erste-hilfe-fuer-kinder.de
  • Planen Sie Ihre Elternzeit!
  • Organisieren Sie sich einen guten Start in die Wochenbettzeit: Vorkochen, Freunden Aufgaben wie Kochdienst, Putzdienst, Versorgung von Geschwisterkindern oder Haustieren übergeben. Zur Zeit ist der Kontakt zu Freunden und Familie natürlich sehr eingeschränkt, aber einen Kochtopf mit Leckereien vor die Haustür stellen, ein schöner Blumenstrauß oder Gutscheine für die Zeit nach Corona ist natürlich erlaubt und eine nette Geste für jede Mama im Wochenbett.

Schreiben Sie sich im Vorfeld schon eine Telefonliste, damit schnell alle wichtigen Nummern parat sind. Hier eine kleine Auswahl an möglichen Kontaktpersonen:

  • Kreißsaal
  • Hebamme
  • Großeltern
  • Freunde
  • Nachbarn
  • Kinderarzt
  • Krankentransport
  • Taxi
  • Lieferdienste von Lebensmitteln

Geburtsortwahl – Wo soll das Kind überhaupt geboren werden?

Überlegen Sie für sich und Ihrem Partner, wo Sie Ihr Kind gerne zur Welt bringen möchten. Soll es zu Hause sein, im Geburtshaus, in der Klinik mit oder ohne eine Beleghebamme, in einer Klinik mit einer angrenzenden Kinderintensivstation? Die Kolleginnen im Geburtshaus, freiberufliche Hausgeburtshebammen und Beleghebammen sind immer sehr schnell ausgebucht, so dass Sie sich schon sehr frühzeitig darum bemühen müssen – in der Regel sehr bald nach einem positiven Schwangerschaftstest.

Was sind die Vorzeichen einer beginnenden Geburt?

Eine Geburt kündigt sich in der Regel an! Stellen Sie sich das bitte nicht so vor wie im Film! Die Actrice zuckt zusammen, brüllt: „Es geht los“ und schon wenige Zeit später ist das Kind geboren. Gaaaanz falsch! Eine Geburt benötigt vor allem eins: Zeit und Geduld!
Stellen Sie sich auf einen Tag ein. Geht es deutlich schneller: wunderbar! Dauert es länger: akzeptieren und nicht darüber ärgern. „Gut Ding will Weile haben“.
„Gut Ding“ ist in diesem Fall Ihr Baby, Ihr großes Geschenk, was Sie nach anstrengender Arbeit erhalten und für das es sich lohnt, durchzuhalten.

Folgende Anzeichen können die Geburt ankündigen:

Stellen Sie sich Ihre Gebärmutter vor wie einen Luftballon. Der „Schniepel“, in den Sie die Luft reinblasen, ist der unterste Teil des Gebärmutterhalses, der in die Scheide hineinragt. Er wird Portio genannt und kann eine Länge von 4–5 cm haben. Die Öffnung für die Luft zum Reinpusten ist der äußere Muttermund. In der Schwangerschaft ist der Gebärmutterhals durch einen Schleimpfropf verschlossen, der eine Schutzfunktion für das Ungeborene darstellt. Keime haben es dadurch schwer, nach oben zu gelangen.
Ein paar Tage vor der Geburt löst sich dieser Propfen, der auch mit Blut durchsetzt sein kann.
Im Muttermund sitzen viele kleine Blutgefäße, die durch sein Öffnen anreißen können.
Man spricht von einer Zeichnungsblutung, die völlig normal und nicht besorgniserregend ist.
Bei einer sehr starken, regelartigen Blutung müssen Sie bitte möglichst schnell in die Klinik gefahren werden.
Haben Sie schon mal Ihr Frühstücksei genauer betrachtet? Was sehen Sie unter der Schale, wenn Sie diese abpulen? Genau, eine Haut! Bei genauerer Betrachtung sogar zwei Häute, die übereinander liegen. Es handelt sich um die Wasser- und die Lederhaut. Beide Häute sind elastisch, sind gegeneinander verschiebbar und bilden die Hülle für das Fruchtwasser.
Platzt die Fruchtblase im oberen Teil der Gebärmutter, nennt man das „hoher“ Blasensprung. Platzt sie vor dem Kopf des Kindes, handelt es sich um einen tiefen Blasensprung, der oft sehr eindeutig ist, da man in der Regel „klitschnass“ ist, während die hohe Variante eher einen „tröpfelnden“ Charakter hat. Bis zu einem Liter Fruchtwasser kann man mit sich „herumschleppen“. Es wird immer nachgebildet und „Trockengeburten“ gibt es übrigens nicht. Für Sie kann sich der Blasensprung wie ein „innerer Knall“ anfühlen. Ihr Partner, der vielleicht neben Ihnen steht, wird davon nichts bemerkt haben. Es ist wirklich ein komisches Gefühl, das einen ein wenig erschrecken lässt.
Worin unterscheidet man nun Fruchtwasser von Urin? Auch diese Variante muss man in Betracht ziehen, wenn es nicht ganz eindeutig erscheint.
Es lohnt sich immer, an der Flüssigkeit zu schnuppern. Fruchtwasser hat einen eher süßlichen Geruch. Es kann diverse Farbvariationen aufweisen. In der Regel von lind- bis erbsen-grün. In diesem Fall hatte Ihr Baby Stress und hat seinen ersten Stuhlgang ins Fruchtwasser abgesetzt, was normalerweise nicht der Fall ist, denn nur Urin wird ins Fruchtwasser abgegeben. Sollten Sie diese Farbveränderung bemerken, lassen Sie bitte eine Klinikhebamme darüber sehen.
Fruchtwasser hat immer einen basischen PH-Wert von 6,5. Durch Indikatorstäbchen oder Testhandschuhe aus der Apotheke kann man diesen Wert zu Hause selbst bestimmen.
Können Sie kleine weiße Flöckchen erkennen? Das ist abgegangene Käseschmiere, durch die die Haut Ihres Babys geschützt wird. Diese lösen sich zum Ende der Schwangerschaft ab und schwimmen wie kleine Schneeflocken im Fruchtwasser herum. Im Gegensatz zu Urin, kann man den Fruchtwasserstrahl nicht durch Anspannen des Beckenbodens anhalten. Es läuft und läuft und läuft.
Auch Durchfall und Erbrechen können übrigens eine Geburt ankündigen. Der Körper schafft sich quasi Platz, der ihm vielleicht durch einen vollen Darm fehlen würde. Das wäre dann auch der Sinn eines Einlaufes, den Ihnen eventuell die Kollegin im Kreißsaal anbieten würde, falls Sie schon mehrere Tage vor der Geburt nicht mehr auf die Toilette gehen konnten.
Falls Ihnen dieses unangenehm ist, können Sie sich auch zu Hause vor der Geburt selbst einen Einlauf machen. Die Klistiere dafür bekommen Sie in der Apotheke.

Was kann ich selbst tun, um die Wehen-Tätigkeit anzuregen und die Geburt zu unterstützen?

Essen Sie gerne thailändisch? Ist Ihr Körper startklar und auf Geburt „eingestellt“, können diese Tipps bestimmt einen kleinen Beitrag in Richtung Wehen-Erfolg bringen. Die Wehen auslösenden Varianten bitte erst ab Entbindungstermin durchführen. Gerichte mit Ingwer und scharfen Gewürzen bringen die Darmperistaltik in Bewegung, wovon auch die Gebärmutter etwas hat. Durch die unmittelbare Nähe beider Organe zueinander wird die Gebärmutter durch die starken Darmbewegungen mit Kontraktionen reagieren. Vielleicht haben Sie auch Lust auf einen Chai-Tea? Zimt, Ingwer, Kardamom können ebenfalls Kontraktionen unterstützen und auslösen.
Heublumen-Dampfbäder können ebenfalls Wehen auslösen und machen den Damm elastisch. Besorgen Sie sich dafür aus dem Reformhaus eine Tüte Heublumen. Eine gute Hand davon geben Sie in einen alten Kochtopf und übergießen das ganze mit heißem Wasser. Der alte Kochtopf wird in die Toilette gestellt und Sie setzten sich für 10 Minuten über die aufsteigenden Dämpfe. Wickeln Sie sich dabei eine Decke um den Bauch, damit die Dämpfe nicht zur Seite entweichen können.
Vielleicht haben Sie im Anschluss noch Lust auf eine Damm-Massage. Das bietet sich an, da dann das Gewebe besonders weich ist. Sie führen dazu einen Finger für ca. 2–3 cm in die Vagina ein, der mit einem Vitamin E-haltigen Öl, z.B. Weizenkeimöl benetzt ist. Sie ziehen nun das Gewebe nach hinten in Richtung Anus und versuchen gegen den Schmerz zu atmen. Sie werden mit der Zeit bemerken, dass das Gewebe immer elastischer wird.
Fakt ist, man kann es gerade in den letzten Tagen vor der Geburt kaum erwarten, dass sich das Baby auf den Weg macht.

Was ist überhaupt eine Wehe und welche Arten von Wehen gibt es?


Ich komme nochmal auf den Luftballon zurück. Die Gebärmutter (Uterus) ist ein Muskelkörper, der sich zusammenziehen (kontrahieren) kann. Im nichtschwangeren Zustand ist der Uterus ungefähr sieben Zentimeter groß, sieht aus wie eine Birne und ist hinter dem Schambein versteckt. Bis zum Rippenbogen kann sich der  Muskelkörper in der Schwangerschaft „auswalzen“. Das entspricht ungefähr einer Länge von 36 cm. Ich finde, der Uterus und die Plazenta sind zwei richtige Wunderwerke der Natur.
Stellen Sie sich vor, Sie drücken nun Ihren Luftballon oben zusammen, dann wird sich unten der „Aufpustschniepel“, Ihr Gebärmutterhals, verkürzen und die Öffnung für die Luft wird sich peu á peu vergrößern und zwar auf 10 cm. Das ist die Größe, die Ihr Baby an Platz braucht, um geboren werden zu können.

Nun gibt es mehrere Arten von Wehentätigkeit. Schon in der Schwangerschaft übt Ihre Gebärmutter ungefähr ab der 20. Woche mit harmlosen Wehen, die bis zu 10 Mal am Tag auftreten können und die eine bessere Durchblutung der Gebärmutter bewirken. Der Muttermund wird dadurch in der Regel nicht geöffnet. Nimmt die Häufigkeit zu, sprechen Sie bitte mir Ihrem Arzt oder Ihrer Hebamme darüber.

Um die 36. Woche treten Senkwehen auf. Ihr Baby tritt mit dem vorangehenden Teil schon in den Beckeneingang ein. Zum Teil sind diese Wehen etwas schmerzhafter und halten schon mal bis zu 40 Sekunden an. Die Gebärmutter sinkt dadurch etwas ab. Meistens fällt es anderen auf, wenn sie Sie im Profil betrachten. Der Bauch hängt plötzlich viel tiefer. Der Vorteil ist, Sie können wieder besser Luft holen, leiden weniger unter Sodbrennen und können wieder mehr essen. Leider müssen Sie aber häufiger auf die Toilette, da das Baby noch mehr auf die Blase drückt.

Eröffnungswehen sind Wehen, die eine vollständige Öffnung des Muttermundes bewirken und das Baby tiefer ins Becken treten lassen. Leider nimmt mit zunehmender Öffnung auch die Schmerzintensität zu. Zu Beginn können Sie noch sehr unregelmäßig auftreten und werden dann immer rhythmischer, wobei auch physiologische Pausen (Latenzphasen) auftreten können. In der Regel kann eine Eröffnungswehe bis zu einer Minute anhalten. Kommen die Wehen regelmäßig alle 5 Minuten, können Sie sich auf den Weg in die Klinik machen. Beginnen die Wehen in der „Rushhour“, machen Sie sich besser früher auf den Weg. Auch wenn Sie Ängste haben oder sich zu Hause nicht mehr wohlfühlen, fahren Sie ruhig los. Die Hebamme wird Sie nicht schief ansehen, sondern wird Ihre Sorgen verstehen und Sie beruhigen können.

Austreibungs- oder Presswehen sind sehr starke Wehen, die Sie Ihrem Ziel, nämlich Ihrem Baby, näher bringen. Da Sie endlich das Gefühl haben werden, aktiv zu werden und mit pressen zu können, wird diese Phase zwar als anstrengend aber als körperlich besser verkraftend wahrgenommen. Bis zu 100 Sekunden kann eine Austreibungswehe anhalten. Am schmerzhaftesten ist die Geburt des Kopfes, der das größte und härteste Teil ist.
Ist dieser geboren, ist der Rest mit Verlaub gesagt ein „Klacks“. Gott sei Dank hört der starke Schmerz sofort auf, sobald die Geburt beendet ist und erfreulicherweise kann man sich an Geburtsschmerzen auch nicht mehr erinnern. Eine Geburt tut wahnsinnig weh und das kann man leider nicht beschönigen.

Ist Ihr Baby nun auf der Welt, hören die Wehen noch nicht sofort auf. Sie sind aber in der Regel gut auszuhalten. Für die Geburt der Plazenta muss sich die Gebärmutter wieder zusammenziehen, damit die Blutgefäße der Plazenta, die sich in die Gebärmutterinnenwand gebohrt und damit den Stoffaustausch vom und zum Baby gewährleistet haben, gekappt werden. Dadurch löst sie sich und kann geboren werden. Man nennt sie Nachgeburtswehen. Damit die Gebärmutter wieder klein wird wie eine Glühbirne und hinter dem Schambein verschwindet, benötigt sie Nachwehen. In den ersten 2–3 Tagen nach der Geburt können diese verstärkt spürbar sein. Je mehr Kinder man bekommt, umso stärker werden sie. Der Uterus ist durch die Kinderschar leider etwas „ausgeleiert“ und braucht daher mehr Wehenkraft, um wieder klein zu werden.

Und zu guter Letzt gibt es noch die Kategorie Stillwehen. Schon wieder etwas, was uns Frauen piesackt. Immer dann, wenn wir unser Baby an die Brust legen, werden diese ausgelöst, fördern aber damit die Rückbildung des Uterus. Also, bitte nicht ärgern! Es ist alles für einen guten Zweck. Zur Not dürfen Sie ein Schmerzmittel einnehmen oder Sie legen sich, wenn es schon geht, für 20 Minuten auf den Bauch. Das tut Ihnen bestimmt gut.

So, nun wissen Sie, was eine Wehe ist, aber noch nicht, wie sie entsteht. Wer gibt denn nun den Startschuss für die Geburt?
Ihr Baby! Durch einen „Hormon-Cocktail“, der zwischen Mutter und Kind hin und her wandert und dazu führt, dass das mütterliche Zwischenhirn (Hypothalamus) Oxytocin freisetzt. Das Oxytocin wirkt zusammenziehend auf die Gebärmutter.
Der Startschuss ist gesetzt, die Geburt beginnt!
Viele Frauen fragen mich oft in der Schwangerschaft, ob sie denn wirklich bemerken werden, wenn es dann losgeht. Ich kann das in der Regel immer bejahen. Man hat als Mutter ein Gefühl dafür, dass genau an diesem Tag etwas anders ist und sich das Kind auf den Weg macht.
Die Wehen der Vortage waren vielleicht schon mal heftig und regelmäßig, haben dann aber nach einem entspannenden Vollbad wieder aufgehört. Am Tag X bleiben die Kontraktionen, sie werden immer stärker von der Intensität und die Abstände werden immer kürzer. Vielleicht kennen Sie das Gefühl von Regelschmerzen? Genau in diese Richtung geht der Schmerzcharakter von Geburtswehen, nur viel viel stärker. Wehen können in die Beine und auch sehr stark in den unteren Rücken ausstrahlen. Tritt das Köpfchen tiefer, hat man das Gefühl, es bricht einem das Becken auseinander. Keine Angst, das passiert natürlich nicht! Ihr Becken ist anatomisch so gebaut, dass ein Kind, auch wenn es eine kleine Walküre zu werden scheint, gut hindurch passt.
Die Natur hat nämlich folgendes für Sie vorgesehen: An Ihrem Schambein gibt es mittig eine kleine knorpelige Verbindung, die durch die hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft aufweicht. Dadurch haben manche Schwangere einen Symphysenschmerz, der sehr unangenehm ist und sich wie ein Messerstich anfühlt. Ihr Steißbein ist in der Lage, sich um 2 cm nach hinten zu biegen und die Fugen an den Darmbeinschaufeln lassen ebenfalls ein wenig Spielraum zu.

Auch Ihr Baby ist ein kleines Wunderwerk!

Die Schädelplatten Ihres Babys sind nämlich noch nicht verwachsen. Durch die 2 Fontanellen (Knochenlücken am vorderen und hinteren Teil des Kopfes), die mit den Schädelnähten verbunden sind, können sich die Schädelplatten unter der Geburt übereinander schieben. Der Kopfumfang wird daher verringert und Ihr Baby kann sich somit besser durch Ihr Becken schrauben. Genau, Sie haben richtig gelesen: schrauben.
Ihr Baby rutscht nämlich nicht einfach durch Ihr Becken, sondern es muss sich wie eine Schraube hindurch drehen. In der Regel hat es dabei sein Kinn auf der Brust. Die Geburt des Kopfes erfolgt dann, indem sich Ihr Baby mit seinem Hinterhaupt, dort wo der spätere Haaransatz sein wird, am Unterrand Ihrer Symphyse „einhakt“. Man spricht von einem „Stemmpunkt“. Nun streckt das Baby sein Köpfchen und wird dadurch geboren. Dieser Vorgang kann manchmal etwas länger dauern, da die Babys mit ihrem Kopf das Gewebe dehnen. Das heißt, dass ein kleines Stück des Köpfchens sichtbar wird und sich dann wieder zurückzieht. Rein, raus, rein, raus! Und jedes mal wird das Gewebe ein wenig weicher und schützt unter Umständen vor Verletzungen am Damm.
Sollte die Hebamme bemerken, dass das Dammgewebe sehr fest ist oder diffus zu reißen droht, wird sie vielleicht einen Dammschnitt machen. Das bedeutet, dass das Gewebe zwischen Vagina und After eingeschnitten wird, um das Gewebe zu entlasten. Eine nicht so tolle Vorstellung, das gebe ich offen zu. Sie machen sich bitte keine Gedanken darum! Ihre Hebamme wird den Schnitt nur in einer Wehe machen, dass bedeutet für Sie, dass das Gewebe sehr stark gedehnt sein wird. Sie werden es also kaum merken. Etwas unangenehmer ist die Versorgung danach. Der Schnitt oder größere Riss muss natürlich versorgt werden. Dieses macht man immer unter der Wirkung einer lokalen Betäubung. Durch eine gute Pflege nach der Geburt, nämlich Sauberhalten, regelmäßigem Vorlagenwechsel und Entlastung, werden Sie schon nach wenigen Tagen keine Schmerzen mehr spüren.

Atemübung to go

Um mit den Wehenschmerzen besser umgehen zu können, habe ich hier eine kleine Übung für Sie, die Sie im „Stillen Kämmerlein“ ausprobieren können.

  • Zu Beginn der Eröffnungsperiode werden Sie wahrscheinlich sehr gut unter der Wehe mit der Einatmung durch die Nase und dem Ausatmen durch den Mund klarkommen. Ist die Wehe vorbei, atmen Sie nochmal tief ein und atmen normal weiter. Das hat den Sinn, dass Sie Ihr Baby besser mit Sauerstoff versorgen. Unter der Wehe werden nämlich die Versorgungsgefäße zusammengedrückt und die Sauerstoffzufuhr ist gedrosselt. Das kann man durch eine intensive Einatmung nach der Wehe kompensieren.
  • Ist der Muttermund 5–6 cm geöffnet, wird die Schmerzqualität schon anders für Sie sein. Die Atmung ändert sich. Auf eine Einatmung wird, meist automatisch, laut auf einen Ton ausgeatmet. Hervorragend! Scheuen Sie sich nicht! Nur raus mit den Vokalen A, O, und U. Stellen Sie sich eine Verbindung zwischen Ihrem Muttermund und Ihrem Mund im Gesicht vor. Bin ich im Gesicht und der Mundpartie entspannt, geht tatsächlich auch der Muttermund besser und oft auch schneller auf. Machen Sie dazu noch Ihrem Baby etwas mehr Platz, indem Sie sich ein Kissen zwischen die Beine schieben lassen und lassen Sie sich  dabei noch von Ihrem Partner die Kiefergelenke massieren. Auch das bringt Sie ihrem Ziel ein Stück näher!

Nun, jetzt zur Übung:

  • Laufen Sie mal eine große Runde um den Wohnzimmertisch. Sie atmen dabei durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus.
  • Zählen Sie dabei die Schritte, die Sie auf die Ausatmung machen können. Merken Sie sich die Zahl!
  • Nun das Gleiche nochmal. Nur jetzt atmen Sie auf einen Ton aus – zum Beispiel A.
  • Was bemerken Sie? Richtig, Sie konnten die doppelte Schrittzahl bei der Ausatmung machen. Für die Geburt bedeutet das, dass Sie unter der Wehe, durch diese Ausatmung auf einen Ton, deutlich mehr Power zur Verfügung haben werden.

Das Baby ist da!

„Herzlich Willkommen auf dieser Welt, Du kleiner Mensch!“ Lassen Sie sich, wenn es geht, nach einer spontanen Geburt nicht das folgende Schauspiel nehmen. Bitten Sie Ihre Hebamme darum, daß Sie Ihnen Ihr Baby relativ schnell auf den Bauch legt bzw. tun Sie das selbst. Beobachten Sie jetzt eine Weile Ihr Baby. Es wird nach einiger Zeit ganz von alleine Ihren Bauch, wie bei einer Bergbesteigung, hochkrabbeln und an Ihrer Brustwarze andocken. Angelockt von Ihrem speziellen „Mamaduft“, der von den ausgehende Drüsen Ihrer Brustwarzen ausgeströmt wird. Ein unglaubliches Erlebnis!
Wahrscheinlich werden Sie gar nicht bemerken, dass Ihre Hebamme Ihr Baby immer wieder auf die Atmung, die Herzfrequenz, die Hautfarbe, den Muskeltonus und Reflexe überprüfen wird. Diese Überprüfungen erfolgen nach 1, 5 und 10 Minuten nach der Geburt. Für jedes Kriterium werden 2 Punkte als Höchstzahl vergeben. In Summe macht das bei 5 zu beurteilenden Kriterien 10 Punkte. Die Werte 7–10 zeigen optimale Werte an.

Kuscheln, kuscheln, kuscheln

Während des Wartens auf die Geburt der Plazenta und danach, wird Ihr Baby schon fleißig mit Ihnen Haut auf Haut liegen, kuscheln oder an der Brust trinken. Sie haben sich beide eine Pause verdient. Voller Stolz und Freude, werden Sie Ihr Baby betrachten und stolz denken, dass dieses kleine Menschlein nun ein Teil Ihrer Familie ist.
Ihre Hebamme wird sich zwischenzeitlich nicht nur um Sie, sondern auch um Ihr Baby kümmern.
Haben sich alle ein wenig erholt, wird Sie Ihnen Ihr Baby zur Durchführung der U1 für einen kurzen Augenblick „entführen“. Bei der ersten Vorsorgeuntersuchung wird Ihr Baby von „oben bis unten“ überprüft. Ist alles dran und da, wo es hin soll? Sind alle Körperöffnungen vorhanden, der Mund wird abgetastet, die Herztöne überprüft, die Reflexe werden getestet und natürlich wird auch gemessen und gewogen.
Ihr Baby wird noch ein wenig „verquollen“ aussehen. Die Geschlechtsteile mögen Ihnen, in Relation zum Körper, als riesig erscheinen. Das alles hängt mit Wassereinlagerungen zusammen. Es braucht ein bis zwei Tage, bis diese Einlagerungen verschwinden. Das Wasser verdunstet und somit verliert Ihr Baby auch automatisch an Gewicht.
Lassen Sie sich bitte nicht verunsichern, wenn ständig an der Gewichtskurve Ihres Babys „gemäkelt“ wird. In den ersten 2–3 Tagen nach der Geburt wird Ihr Baby in der Regel nicht verhungern, Ihre Milchmenge reicht für den kleinen Magen mit 10 ml Fassungsvermögen am ersten Lebenstag völlig aus. Nur in wenigen Fällen ist es notwendig, tatsächlich zuzufüttern. Wußten Sie übrigens, dass wir in unserem ersten Lebensjahr so viel wachsen und zunehmen werden, wie nie wieder in unserem Leben? Das Gewicht wird sich zum ersten Geburtstag verdreifacht haben. In der Länge werden es 25 cm mehr sein. In den ersten drei Lebensmonaten wird Ihr Baby ca. 200g pro Woche zunehmen. In den kommenden Monaten wird es dann stetig weniger.
Im Rahmen der U1 werden Sie noch um die Zustimmung gebeten, dass Ihrem Baby Vit.K verabreicht werden darf. Vitamin K wird zur Bildung von Blutgerinnungsfaktoren benötigt. Dieser Bildungsprozess ist bei Säuglingen noch nicht ganz ausgereift, so dass man ihn durch die orale Zufuhr unterstützt.

Nach der Geburt der Plazenta beginnt das Wochenbett

Es dauert acht Wochen nach der Geburt an und ist geprägt durch Rückbildungsprozesse, die Laktation und das Bonding zum Baby, was gerade in den ersten Tagen nach der Geburt eine große Bedeutung hat. Babys, die viel „bekuschelt“ werden, sind oft temperaturstabiler, nehmen besser zu und bekommen seltener eine Neugeborenen-Gelbsucht. Das Bonding ist der Startschuss für eine stabile psychische und physische Entwicklung.
Wenn Sie mehr und ausführlicher über das Thema Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett von mir lesen möchten, geht es hier entlang.
www.mutterkutter.de


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