Wie fühlen sich Wehen an?
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Schon in der Schwangerschaft zieht es im Bauch. Und unter der Geburt werden die Kontraktionen sehr intensiv. Ob Senkwehen, Eröffnungswehen oder Presswehen: glückskind-Expertin Hebamme Bettina Breunig erklärt, wie sie sich anfühlen und was die Wehen für Mama und Baby bedeuten.
Bettina Breunig ist freiberuflich in der Schwangerenvorsorge und Wochenbettbetreuung tätig. Die Hebamme aus Hamburg bietet Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse sowie Schwangerenyoga (Kundalini) an. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Beckenbodentraining.
Übungswehen (Vorwehen)
Was passiert bei Übungswehen?
Du machst es Dir gerade auf dem Sofa gemütlich – und da ist es wieder: Der Bauch wird hart, und sogar bis in die Leisten ist ein Ziehen zu spüren. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei. Das sind Übungswehen, mit denen die Gebärmutter während der Schwangerschaft für eine bessere Durchblutung sorgt und sich auf die spätere Geburt vorbereitet. Übungswehen sind aber nicht muttermundwirksam. Das bedeutet, dass der Muttermund weiterhin fest verschlossen bleibt.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Unregelmäßig über den Tag verteilte Kontraktionen im Schwangerschaftsverlauf, bei denen der Bauch hart wird. Spürbar, aber wenig intensiv.
Was sollte ich tun?
Ruhe bewahren und sich entspannen. Übungswehen sind normal und gehören zu einem normalen Schwangerschaftsverlauf.
Übungswehen in Stichpunkten:
- … treten während der Schwangerschaft auf (von der Mitte an spürbar),
- … sind wenig intensiv,
- … kommen unregelmäßig,
- … werden schwächer und klingen ab,
- … treten oft abends auf,
- … sind nicht muttermundwirksam.
Das rät Hebamme Bettina Breunig: „Übungswehen sind wichtig, weil der Körper mit ihnen für die kommende Geburt übt. Zieht es mal zu stark, schafft Wärme in Form einer angenehm temperierten Wärmflasche oder eines Körnerkissens Linderung. Außerdem kannst Du Deinen Körper unterstützen, indem Du die Atemtechniken ausprobierst, die Du im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hast.“
Vorzeitige Wehen, Frühwehen
Was passiert bei Frühwehen?
Wenn im frühen Schwangerschaftsverlauf der Bauch öfters hart ist und dabei ein Ziehen in Leisten und Rücken sowie ein Druckgefühl nach unten zu spüren ist, kann es sich um vorzeitige Wehen handeln. Sie treten meist ausschließlich vor der 36. Schwangerschaftswoche auf und ähneln Menstruationsschmerzen. Meist sind sie ein Anzeichen dafür, dass sich die werdende Mama ein wenig zu viel zugemutet hat und kürzertreten sollte. Auch Blasen-, Harnwegs- oder sonstige Infektionen können ein Grund für diese Kontraktionen sein.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Kommende und gehende Kontraktionen im frühen Verlauf der Schwangerschaft, bei denen der Bauch hart wird. Die Schwangere spürt einen Druck nach unten, der bis in die Leisten und den Rücken zieht. Das kann sich teilweise sehr intensiv anfühlen.
Was sollte ich tun?
Vorzeitige Wehen sind echte Wehen: Sie verkürzen den Gebärmutterhals, weil sich das Baby tiefer ins Becken der Mutter schiebt, und öffnen den Muttermund (sind also muttermundwirksam). Deshalb können sie zu einer Frühgeburt führen. Vorzeitige Wehen in der Schwangerschaft müssen deshalb beobachtet und abgeklärt werden. Die Schwangere sollte sich schonen und den Rat der Hebamme beziehungsweise ihres Arztes einholen. Diese stellen fest, ob eine behandlungsbedürftige Infektion dahintersteckt oder wehenhemmende Medikamente nötig sind. Zudem wird Bettruhe verordnet.
Vorzeitige Wehen in Stichpunkten:
- … treten vor der 36. SSW auf,
- … sind unterschiedlich intensiv, teilweise schmerzhaft,
- … kommen und gehen,
- … werden eventuell von blutigem Ausfluss begleitet,
- … können muttermundwirksam sein. Steckt eine Infektion dahinter, ist der Gebärmutterhals oftmals unverändert.
Lassen sich Wehen auslösen und fördern?
Das sagt Hebamme Bettina Breunig: „Ohne einen medizinischen Grund sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, um Wehen zu fördern bzw. sie vorzeitig auszulösen. Der weibliche Körper und das Baby entscheiden gemeinsam, wann der richtige Zeitpunkt für die Geburt ist. Lassen die Wehen auf sich warten, sind die Voraussetzungen schlicht noch nicht gegeben. Allerdings gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Körper auf die kommende Geburt vorzubereiten. Das Spektrum reicht von Akupunktur über spezielle Tees bis hin zu Sitzbädern. Aber jede Schwangerschaft ist einzigartig, sodass sich kein Patentrezept aussprechen lässt. Hierfür ist die Hebamme die richtige Ansprechpartnerin.“
Senkwehen
Was passiert bei Senkwehen?
Von der 36. Schwangerschaftswoche an gehen die Übungswehen nach und nach in Senkwehen über. Der Name „Senkwehe“ kommt daher, dass sich das Köpfchen des Babys tiefer in das Becken seiner Mutter schiebt und sich so in die Startposition für die Geburt bringt. Der Gebärmutterhals wird mit voranschreitender Schwangerschaft immer weicher und verkürzt sich nach und nach. Senkwehen wirken sich normalerweise nicht auf den Muttermund aus. Im späten Verlauf der Schwangerschaft öffnet er sich manchmal ein wenig.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Senkwehen ähneln den Übungswehen und gehen oft mit einem Ziehen im Unterbauch einher. Schwangere nehmen sie meist etwas intensiver als Übungswehen wahr. Viele berichten von einer Intensität, die starken Menstruationsschmerzen ähnelt.
Was sollte ich tun?
Genieße die Senkwehen! Denn im Anschluss senkt sich der Bauch etwas ab, weil das Baby tiefer in das Becken rutscht. Die Folge: Die Atmung ist freier und das Baby drückt nicht mehr so stark auf den Magen. Viele Schwangere können wieder größere Portionen essen, und auch das leidige Sodbrennen bessert sich. Allerdings drückt das Baby in seiner neuen Position eventuell stärker auf die Blase. Möglicherweise musst Du öfter auf die Toilette.
Senkwehen in Stichpunkten:
- … treten ab der 36. SSW auf,
- … sind meist deutlich intensiver als Übungswehen,
- … kommen unregelmäßig,
- … werden schwächer und klingen ab,
- … lockern und verkürzen den Gebärmutterhals.
Was ist ein Wehencocktail?
Das sagt Hebamme Bettina Breunig: „Unter dem Begriff ,Wehencocktail‘ versteht man eine weitgehend natürliche Form der medikamentösen Weheneinleitung. Wehencocktails sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie Nebenwirkungen haben können, und sollten daher niemals ohne Rücksprache mit der Hebamme oder dem Arzt eingenommen werden.“
Eröffnungswehen
Was passiert bei Eröffnungswehen?
Eröffnungswehen leiten die Geburt ein – jetzt geht es los! Die Gebärmutter zieht sich nun rhythmisch zusammen, um das Baby langsam Richtung Muttermund zu schieben. Währenddessen öffnet sich der Muttermund, um das Baby später passieren zu lassen. Eröffnungswehen kommen anfangs etwa alle zehn Minuten, aber pausieren durchaus immer mal wieder. Mit der Zeit kommen die Eröffnungswehen in immer kürzeren und regelmäßigeren Abständen. Insgesamt braucht es viele Stunden regelmäßiger und kräftiger Wehen, bis sich der Muttermund voll geöffnet hat.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Eröffnungswehen beginnen oben unter der Brust und wandern langsam nach unten in den Schoß. Charakteristisch ist, dass jede Wehe in Wellen verläuft. Sie beginnt also leicht, hat einen Höhepunkt und schwächt sich dann wieder ab. Auch im Rücken ist oftmals ein Ziehen zu spüren. Viele Schwangere vergleichen sie zu Beginn in der Intensität mit der Menstruation. Später werden sie deutlich intensiver. Nach einiger Zeit lernt der Körper, mit den Eröffnungswehen umzugehen. Eine Dynamik entsteht, bei der der Körper schmerzerleichternde Endorphine ausscheidet.
Was sollte ich tun?
Je länger diese Phase der Geburt in gewohnter Atmosphäre stattfindet, desto mehr Hormone und Endorphine kann der Körper produzieren. Wenn beim Eintreffen in der Klinik der Muttermund bereits einige Zentimeter eröffnet ist, ist die Motivation, die Geburt weiter aus eigener Kraft zu bestreiten, höher als am Anfang. Außerdem braucht es wesentlich weniger Schmerzmittel für die kommende Geburt.
Eröffnungswehen in Stichpunkten:
- … leiten die erste Phase der Geburt ein, die sogenannte Eröffnungsphase
- … kommen anfangs etwa alle zehn Minuten,
- … halten etwa eine Minute an,
- … verlaufen in Wellen, beginnen also leicht, haben einen Höhepunkt und schwächen sich dann ab,
- … kommen mit der Zeit in kürzeren Abständen,
- … öffnen den Muttermund,
- … sind meist vom Springen der Fruchtblase begleitet, wodurch das Fruchtwasser abfließt.
Das rät Hebamme Bettina Breunig: „Ich empfehle Schwangeren, so lange wie möglich zu Hause bleiben und sich mit den Wehen auszuprobieren: atmen, bewegen, ruhen, gehen, baden, essen, schlafen. Teste aus, was Dir guttut.“
Austreibungswehen
Was passiert bei Austreibungswehen?
Zu Beginn der Austreibungswehen ist der Körper bereit, dem Baby den Weg auf die Welt zu ermöglichen. Sie schieben das Baby aktiv durch das Becken der Mutter. Der Muttermund ist zum Ende der Austreibungswehen maximal geöffnet.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Austreibungswehen gehören zu den intensivsten Wehen im Geburtsverlauf. Durch die Weitung des Geburtskanals und des Beckenbodens spürt die Schwangere einen starken Druck nach unten und das Gefühl von Dehnung.
Was sollte ich tun?
Deine Hebamme oder Dein Arzt wird Dir sagen, was nun zu tun ist. Bleibe aktiv und gib Deinem Körpergefühl nach.
Austreibungswehen in Stichpunkten:
- … leiten die vorletzte Phase der Geburt ein, die sogenannte Austreibungsphase,
- … kommen etwa alle drei Minuten,
- … halten etwa sechzig Sekunden an,
- … verlaufen in Wellen, beginnen also leicht, haben einen Höhepunkt und schwächen sich dann ab.
Presswehen
Was passiert bei Presswehen?
Die Austreibungswehen gehen übergangslos in die Presswehen über. Der Muttermund ist zum Ende dieser Phase maximal geöffnet. Wenn das Köpfchen des Babys tief im Becken auf den Enddarm drückt, löst er bei der Mutter einen aktiven Drang zum Mitpressen aus. Sie kann nun nicht mehr anders und hilft kräftig mit. Diese Phase dauert beim ersten Baby zwei bis vier Stunden.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Presswehen haben die höchste Intensität im Schwangerschaftsverlauf. Durch die Weitung des Geburtskanals und des Beckenbodens spürt die Schwangere einen starken Druck nach unten und das Gefühl von Dehnung. Gleichzeitig nehmen viele Schwangere sie als erleichternd wahr, weil sie nun selbst aktiv werden können.
Was sollte ich tun?
Bleibe aktiv, gib Deinem Körpergefühl nach und hilf unter Anleitung Deiner Hebamme oder Deines Arztes kräftig mit.
Presswehen in Stichpunkten:
- … leiten die letzte Phase der Geburt ein,
- … kommen etwa alle drei Minuten,
- … halten etwa sechzig Sekunden an,
- … verlaufen in Wellen, beginnen also leicht, haben einen Höhepunkt und schwächen sich dann ab.
Jede Frau, die schwanger ist, sehnt diesen Augenblick herbei: Die Schmerzen sind vergessen und Erleichterung und Glück beherrschen die Gefühlswelt. © KristinaGreke, iStock
Herzlichen Glückwunsch, Dein Baby ist auf der Welt! Fast hast Du es geschafft, jetzt noch einmal tief durchatmen...
Nachgeburtswehen
Was passiert bei Nachgeburtswehen?
Unmittelbar nach der Geburt helfen die Nachgeburtswehen, dass auch die Plazenta geboren werden kann. Dazu zieht sich die Gebärmutter zusammen und stößt die Plazenta ab.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Die Nachgeburtswehen sind nicht so intensiv wie die eigentlichen Geburtswehen, sondern mit der Menstruation vergleichbar. Sie dauern meist etwa 30 Minuten. Insbesondere Erstgebärende nehmen Nachgeburtswehen meist gar nicht wahr, weil sie so überwältigt von dem Erlebten sind.
Nachgeburtswehen in Stichpunkten:
- … begleiten die letzte Phase der Geburt, die sogenannte Nachgeburtsphase,
- … bewirken das Abstoßen der Plazenta,
- … bewirken das Zusammenziehen der Gebärmutter, sodass der Blutverlust möglichst gering bleibt.
Nachwehen
Was passiert bei Nachwehen?
Noch einige Tage nach der Geburt wirst Du Nachwehen spüren, vor allem dann, wenn Du Dein Baby zum Stillen anlegen. Dabei wird das Hormon Oxytocin gebildet, das der Gebärmutter hilft, sich weiter zusammenziehen. Der Wochenfluss versiegt schneller, wenn die Gebärmutter in den ersten Tagen nach der Geburt kräftig arbeitet. Die Nachwehen werden beim ersten Baby meist kaum, bei den zweiten und dritten Kindern intensiver wahrgenommen.
Wie fühlen sich diese Wehen an?
Erstgebärende beschreiben Nachwehen meist als ein nur leichtes Ziehen in der Bauchgegend. Mütter, die schon mehrere Male entbunden haben, berichten von einem intensiveren Ziehen.
Nachwehen in Stichpunkten:
- … treten im Wochenbett auf,
- … treten oftmals beim Stillen auf,
- … bewirken das weitere Zusammenziehen der Gebärmutter, sodass weniger Blutungen auftreten.
Das rät Hebamme Bettina Breunig: „Wärme in Form einer angenehm temperierten Wärmflasche oder eines Körnerkissens sorgt für Linderung. Gehe außerdem vor dem Stillen noch auf die Toilette. Dann verhindert die volle Harnblase nicht das Zusammenziehen der Gebärmutter.“
Dein glückskind-Team ♥