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Schwangerschaftshormone: Was passiert im Körper?

Schwangere Frau liegt auf der Seite und hat den Kopf unter ein Kissen gesteckt

Traurig, fröhlich, gereizt – In der Schwangerschaft fahren die Gefühle Achterbahn. © baona, iStock

Ein „Wechselbad der Gefühle“ – das kommt vielen schwangeren Frauen bekannt vor. Während der Schwangerschaft kommt es zu einem buchstäblichen hormonellen Ausnahmezustand. Konkret geht es um die Schwangerschaftshormone: Diese Botenstoffe sind für die Entwicklung des Babys und die schwangerschaftsbedingten Veränderungen des Körpers verantwortlich. Die Hormone steuern körperliche Prozesse und haben auch Auswirkungen auf die Psyche. Wie verändert sich der Körper durch die Schwangerschaftshormone, ab wann und auf welche Weise spielen sie eine Rolle? Diese und viele weitere Fragen klären wir in unserem Ratgeber.

Was machen die Schwangerschaftshormone?

In der Schwangerschaft durchfluten wichtige Hormone den Körper:

  • Das humane Choriongonadotropin (hCG) wird normalerweise nur in der Schwangerschaft gebildet. Schon eine Woche nach der Befruchtung sind die Schwangerschaftshormone im Blut nachweisbar. Der hCG-Spiegel steigt im ersten Trimester stark an, was sich durch verschiedene Schwangerschaftsbeschwerden wie Müdigkeit und Übelkeit bemerkbar macht. Das Schwangerschaftshormon hCG ist für viele Vorgänge essenziell. Es sorgt beispielsweise dafür, dass sich die Eizelle optimal in der Gebärmutter einnisten kann und kurbelt die Bildung von Progesteron im Gelbkörper an, welcher sich nach dem Eisprung aus der Eihülle bildet.
  • Progesteron unterstützt als Schwangerschaftshormon den weiblichen Körper durch diese besondere Zeit „in anderen Umständen“. Das Gelbkörperhormon unterdrückt vorzeitige Kontraktionen, fördert den Blutfluss und trägt dazu bei, dass sich die Milchdrüsen der Brüste aufbauen um nach der Geburt Milch produzieren zu können.
  • Östrogen ist ebenfalls dafür nützlich, die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. Das Schwangerschaftshormon regt die Durchblutung an und bringt das Herz-Kreislaufsystem in Schwung, um das Baby mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.

Schwangerschaft: Welcher hCG-Wert ist normal?

Der hCG-Wert im Blut ist ein sicheres Anzeichen für die Feststellung einer Schwangerschaft. Bei jeder Frau kann der hCG-Spiegel etwas unterschiedlich hoch ausfallen – der Wert sollte sich allerdings in der Frühschwangerschaft alle zwei Tage verdoppeln. In der dritten Schwangerschaftswoche beträgt die hCG-Konzentration im Blutserum ungefähr 5 bis 50 Einheiten pro Liter (U/l). In der sechsten Schwangerschaftswoche sind es bereits 500 bis 10 000 U/l.

Der höchste hCG-Wert liegt für gewöhnlich in der neunten bis zehnten Schwangerschaftswoche vor. Danach fällt das Schwangerschaftshormon im Blut wieder ab. Daraufhin geht es vielen Schwangeren allmählich besser, die unter Brechreiz und anderen typischen Beschwerden gelitten haben.

Wie beeinflussen Schwangerschaftshormone die Psyche?

Viele Schwangere können sich weinerlich, müde und gereizt fühlen. Und als Grund dafür bekommen sie zu hören: „Das sind die Schwangerschaftshormone.“ Warum? Hebamme Bettina Breunig aus München kennt die Antwort auf diese und andere Fragen.

Bettina Breunig ist schon viele Jahre freiberuflich in der Schwangerenvorsorge, Wochenbettbetreug  tätig und arbeitet auch im Kreißsaal in einer Geburtsklinik. Die Hebamme aus München bietet Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse sowie Schwangerenyoga an. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Beckenbodentraining. Aktuell ist sie in Elternzeit.

Bettina Breunig, Hebamme

Warum spielen die Hormone verrückt?

Bettina Breunig: Sofort nach der Befruchtung stellt sich der Körper auf die Schwangerschaft ein. Im Plazentagewebe, welches sich innerhalb der ersten Wochen zur Versorgungseinheit des Kindes entwickelt, bildet sich das Hormon hCG. hCG fördert die Produktion von Östrogen und Gestagen. Das ist wichtig für die bestmögliche Entwicklung des Kindes, kann aber auch zu Übelkeit, Erbrechen, plötzlichen Stimmungsschwankungen und massiver Müdigkeit der Frau führen. Freude und Glück, aber auch Traurigkeit und Zweifel gehören in den ersten Wochen der Schwangerschaft dazu.

Gibt es ein Wundermittel dagegen?

Bettina Breunig: Leider nein. Meine Empfehlung: Schlafe viel, esse immer wieder eine Kleinigkeit, das lindert oftmals die Übelkeit, verwöhne Dich und lenke Dich ab. Mit einer vertrauten Person sprechen, Bewegung an der frischen Luft, ein gemütlicher Abend im Kino oder eine Massage tun jetzt gut. Bei stärkeren und belastendend Symptomen ist es wichtig dass Du möglichst wenig Stress und dringende Termine hast. Sprich mit Deiner Gynäkolog/in damit Du eine Krankschreibung erhälst. Ein paar Tage Auszeit helfen dem Körper sich auf die Hormonhochs einzulassen.

Starke anhaltende Übelkeit und häufiges Erbrechen sollte ärztlich begleitet werden und eventuell medikamentös begleitet werden.

Es ist immer auch ein Versuch wert mit alternativen Heilmitteln, Hypnose, Yoga oder Akupunktur zu unterstützen. Nimm daher am besten schon früh Kontakt zu einer Hebamme auf.

Stimmt es, dass Stimmungsschwankungen das Geschlecht vorhersagen?

Bettina Breunig: Es gibt viele Ammenmärchen zu diesem Thema. Sicherlich beobachten viele Frauen unterschiedliche Symptome oder Gelüste je nach Geschlecht des Kindes, doch eine Regel, die für alle Schwangeren anwendbar ist, gibt es leider nicht.

Ab wann ist Besserung in Sicht?

Bettina Breunig: Die stärksten Stimmungsschwankungen sind in den ersten zwölf Wochen zu erwarten. Wenn sich der Körper auf die neue Hormonlage eingerichtet hat und die werdende Mutter Selbstvertrauen in die neue Situation aufbauen konnte, verschwinden Übelkeit und Müdigkeit oft schlagartig. Allerdings sind manchen Frauen noch einige Wochen länger, oder auch bis zum Ende der Schwangerschaft von Übelkeit, manchmal Erbrechen und massiver Müdigkeit geplagt.

Für die meisten Frauen ist das zweite Drittel die Zeit des Wohlbefindens.

Besteht Sorge, wenn ich kein Gefühlschaos habe?

Bettina Breunig: Der Hormonhaushalt ist sehr individuell, und je nachdem, in welcher Lebensphase sich eine Frau befindet, reagiert der Körper anders auf die Veränderungen. Wo manche mit Übelkeit und Gereiztheit zu kämpfen haben, merken andere keine Veränderung. Es besteht also kein Grund zur Sorge. Ob starke, milde oder auch komplett ohne Symptome, Euer Kind entwickelt sich in aller Regel so wie es soll.

Körperliche Veränderungen und Schwangerschaftshormone

Damit das ungeborenes Baby im Bauch heranreifen kann, ist ein gut funktionierendes Zusammenspiel der Schwangerschaftshormone nötig. Die Botenstoffe lösen weitreichende körperliche Veränderungen aus – die manchmal ganz schön überraschend sind.

Herz-Kreislauf-System

Für die optimale Versorgung des Babys erbringt das mütterliche Herz-Kreislauf-System wahre Höchstleistungen. Etwa 1,5 Liter mehr Blut fließen durch den Körper und bestimmte Regionen wie die Gebärmutter sind stärker durchblutet. Schwangere haben oft einen leicht erhöhten Puls. Der Blutdruck ist dagegen etwas niedriger. Dadurch kann die erhöhte Blutmenge besser durch den Körper zirkulieren. In der ersten Zeit haben einige Schwangere daher mit Schwangerschaftssymptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung zu kämpfen.

Hat sich der Körper nach den ersten Wochen an die Veränderungen gewöhnt, fühlen sich die meisten werdenden Mütter wieder fitter. Insgesamt nimmt die Flüssigkeit im Körper einer Schwangeren um circa acht Liter zu. Ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft kann es daher zu Wassereinlagerungen (Ödem) kommen. Das macht sich durch Schwellungen bemerkbar, die insbesondere im Gesicht, an den Händen sowie an Füßen und Beinen auftreten. Schwangere können Ödeme durch viel Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung vorbeugen und sollten im Zweifel medizinischen Rat einholen.

Immunsystem

Eine Schwangerschaft bedeutet für das Immunsystem ebenfalls eine große Umstellung. Für den Körper der Schwangeren handelt es sich bei dem in ihr heranreifenden Kind zunächst einmal um einen „Fremdkörper“, denn der Organismus des Babys ist zu 50 Prozent von der Mutter verschieden. Das Immunsystem muss also dazu gebracht werden, das Kind nicht nur zu tolerieren, sondern aktiv in seiner Entwicklung zu unterstützen. Dies geschieht durch die Produktion spezieller Antikörper, die Abwehrreaktionen des mütterlichen Organismus und damit eine Abstoßung verhindern. Diese Antikörper werden frühzeitig gebildet, sodass das Ungeborene von Anfang an gut versorgt werden kann.

Vor allem Schwangere, die unter einer chronischen Krankheit wie Neurodermitis oder Rheuma leiden, bemerken deutlich, wie sich ihr Körper in der Schwangerschaft verändert. Die Symptome werden in den meisten Fällen schwächer, weshalb die werdenden Mütter die 40 Schwangerschaftswochen bis zur Geburt ganz besonders genießen.

Haare

Das Schwangerschaftshormon Progesteron erhöht auch die Stoffwechselgeschwindigkeit und vermindert die Produktion des männlichen Hormons Androgen, das bei beiden Geschlechtern vorkommt. Dadurch wird die Haut reiner und der natürliche Haarverlust gebremst. Durch erhöhte Ölproduktion wirken die Haare voller und glänzender, können allerdings auch schneller fettig werden. Häufigeres Haarewaschen mit einem milden Shampoo schafft meist Abhilfe.

Haut

Erhöhte Blutzirkulation und Flüssigkeitseinlagerungen im Bindegewebe sorgen für glattere und rosigere Haut. Gleichzeitig wird die Haut jedoch empfindlicher gegenüber UV-Licht, das während der Schwangerschaft eine stärkere Pigmentierung bewirken kann. Daher sollten Schwangere vorbeugend auf ausgiebige Sonnenbäder verzichten und eine Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor verwenden.

Eine besondere Pigment-Veränderung, die nicht von der Sonneneinstrahlung bedingt wird, ist die Linea Nigra beziehungsweise Linea Negra. Das ist eine dunkle Linie, die vom Bauchnabel bis zum Schambereich verläuft, bei manchen Frauen auch von den Brüsten bis zum Schambein. Diese entsteht, weil der Körper in der Schwangerschaft verstärkt das Hormon Melanin ausschüttet, das für die Pigmentierung der Haut zuständig ist. Die Linea Nigra ist nur eine durch Melanin gefärbte, gedehnte Bindegewebsnaht und daher völlig ungefährlich. Sie bildet sich nach der Geburt zurück.

Zähne

In der Schwangerschaft ist es wichtig, besonders auf die Mundhygiene zu achten. Durch den erhöhten Blutfluss kann es häufiger zu Zahnfleischbluten kommen. Der geringere pH-Wert des Speichels in Kombination mit einem erhöhten Kalzium-Bedarf verstärkt das Kariesrisiko. Schwangere sollten daher möglichst nach jeder Mahlzeit mit einer weichen Zahnbürste die Zähne putzen sowie einen Pflegebalsam für das Zahnfleisch verwenden. Ein regelmäßiger Zahnarztbesuch ist ebenso angeraten.

glückskind-Tipp ★ Einige Krankenkassen übernehmen während der Schwangerschaft gesonderte Zahnbehandlungen wie etwa eine professionelle Zahnreinigung oder eine Zahnvorsorgeuntersuchung.

Brüste

Bereits im ersten Trimester verändern sich die Brüste. Durch das Hormon Prolaktin angeregt, wachsen die Milchdrüsen und produzieren schon ab dem Beginn der Schwangerschaft das sogenannte Kolostrum, die Vorstufe der Muttermilch. Dadurch können die Brüste um ein bis zwei Körbchengrößen wachsen und sind sensibler. Die Schwangerschaftshormone verhindern allerdings, dass zu viel Milch vor der Geburt gebildet wird. Die Brustwarzen vergrößern sich ebenfalls und färben sich dunkler – dies dient später dazu, dass das Baby beim Stillen den Weg zur Brust leichter findet.

Um der Bildung von Schwangerschaftsstreifen durch die Hautdehnung an den Brüsten, aber auch am Bauch und an den Oberschenkeln, vorzubeugen, gibt es ein paar Tipps: ausreichend Trinken, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Für die tägliche Körperpflege empfiehlt sich ein mildes Körper-Öl oder eine reichhaltige Lotion.

Innere Organe

Je mehr das Baby im Bauch der werdenden Mutter wächst, desto mehr wächst auch die Gebärmutter. Wenn die Geburt bald bevorsteht, dehnt sich die Gebärmutter so weit aus, dass sie die Lunge einschränkt. Dir fällt dann das Atmen schwerer und Du bist schneller außer Puste.

Die Auswirkungen auf die inneren Organe beginnen aber schon früher in der Schwangerschaft. Sobald das Baby wächst, schiebt die Gebärmutter die anderen Organe langsam zur Seite. Damit tritt häufiger Sodbrennen auf. Weil auch der Darm unter Druck gerät und das Schwangerschaftshormon Progesteron das Verdauungsorgan zusätzlich träge macht, kann es zu Verstopfungen kommen. Diese Beschwerden kannst Du mithilfe einer gesunden, ballaststoffreichen Ernährung lindern.

Harndrang

Durch den vermehrten Druck auf die Harnblase müssen viele Frauen in der Schwangerschaft beinah ständig zur Toilette. Häufiger Harndrang gehört allerdings auch aufgrund der Schwangerschaftshormone zu den normalen Begleiterscheinungen.

Krampfadern

Da die Gebärmutter im weiteren Verlauf der Schwangerschaft auch auf die Beckenvenen drückt, wird ein Blutstau in den Venen der Beine und somit die Bildung von Krampfadern begünstigt. Regelmäßige Bewegung, das Tragen von Stützstrümpfen und das Hochlegen der Beine beugen einem Blutstau vor.

Scheidenmilieu

Ein Jucken in der Scheide kann eine indirekte Folge der Veränderung des Körpers während der Schwangerschaft sein. Auslöser für das lästige Jucken im Intimbereich ist möglicherweise eine Infektion mit Hefepilzen. Durch verschiedene Schwangerschaftshormone verändert sich das Scheidenmilieu – der pH-Wert der Scheide steigt. Dadurch haben es Krankheitserreger leichter, einzudringen. Bei Beschwerden ist es immer ratsam, eine:n Gynäkologen:in aufzusuchen. Eine Hefepilz-Infektion ist meist ungefährlich und lässt sich gut und schnell behandeln – ohne Folgen für das Kind. Schwangere können ihre Hebamme um Unterstützung bei der Behandlung bitten. Manchmal reicht schon ein Sitzbad mit Kamille.

glückskind-Tipp ★ Auch das Thema Scheidentrockenheit beschäftigt viele schwangere Frauen durch die Hormonumstellung. Ein: Gynäkologe:in kann hier ebenfalls helfen und zwischen Hefepilzen und Scheidentrockenheit unterscheiden.

Bewegungsapparat

Besonders im dritten Trimester, wenn der Bauch schon groß ist, wächst die Belastung für den Rücken und den Bewegungsapparat. Das zusätzliche Gewicht des Babys im Bauch versuchen Schwangere oft mit einem Hohlkreuz auszugleichen. Das überanstrengt die Rückenmuskulatur. Zusätzlich lockert das Schwangerschaftshormon Progesteron zur Vorbereitung auf die Geburt die Bänder, die die Gelenke stabilisieren. So verursachen etwa die Mutterbänder gelegentliches Stechen und Ziehen im Unterbauch. Außerdem kann es durch die Erweiterung der Schambeinfuge während der Schwangerschaft zu Symphysenschmerzen kommen, die durch die Verschiebung der Beckenknochen entstehen. Drückt der Kopf des Kindes kurz vor dem Geburtstermin dann auch noch auf das Kreuzbein, sind Rückenschmerzen vorprogrammiert.

Diese Tipps helfen, um Rückenschmerzen vorzubeugen oder zu lindern:

  • Schweres Heben und langes Stehen vermeiden. Wenn Du unbedingt etwas Schweres anheben musst, gehe in die Knie und lasse beim Aufheben den Rücken gerade.
  • Sport in der Schwangerschaft, etwa Schwimmen oder Schwangerschaftsyoga, beugt Rückenschmerzen vor.
  • Auf einer festen Matratze schlafen, am besten in Seitenlage und mit “Katzenbuckel”, um die Wirbelsäule zu entlasten. Ein Kissen zwischen den Knien und unter dem Bauch kann für zusätzliche Entspannung sorgen.
  • Wärme – beispielsweise ein warmes (aber nicht zu heißes!) Vollbad hilft der Rückenmuskulatur bei der Entspannung.
  • Bei anhaltenden Schmerzen kann eine gezielte Bewegungstherapie oder eine Massage des Rückenbereichs helfen. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Therapien wie Schwangerschaftsyoga. Wichtig: Im dritten Trimester kann eine Massage im Bereich des Kreuzbeins zu Kontraktionen der Gebärmutter führen.

Dein glückskind-Team